David, Goliath und die Lampenfrage

Das 720 Einwohner zählende Dorf Niersbach bietet dem großen RWE die Stirn. Der Gemeinderat kritisiert den vom Energielieferanten vorgeschlagenen Konzessionsvertrag und den Vertrag für die Straßenlaternen.

 Lampen in der Diskussion: Der Gemeinderat Niersbach möchte die Laternen dem RWE abkaufen. TV-Foto: Marion Maier

Lampen in der Diskussion: Der Gemeinderat Niersbach möchte die Laternen dem RWE abkaufen. TV-Foto: Marion Maier

Niersbach. Noch bis Ende des Jahres läuft Niersbachs Vertrag für die Straßenbeleuchtung. Für danach hat das Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk (RWE) bereits einen Folge-Vertrag vorgelegt. Zu dem sagt Ortsbürgermeister Fanz-Josef Krumeich: "Für mich ist es unbegreiflich, dass ich vor zehn Jahren einen solchen Vertrag unterschrieben habe."

Krumeichs Kritik: "Ortsgemeinde und Bürger haben die 152 Lampen im Ort bezahlt, doch die Lampen sind Eigentum des RWE." Das sei unbegreiflich. Zudem gebe es bei der Herstellung und der Erneuerung der Lampen keinen Wettbewerb.

133 Euro im Jahr für Lampenwartung



Für die Wartung kassiere der Energielieferant jährlich rund 133 Euro pro Lampe. "Das ist zu viel", sagt Krumeich. Vom Raum Koblenz wisse er, dass die 20 Gemeinden dort, die keinen Wartungsvertrag haben, kaum Kosten zu tragen hätten. Bei Bedarf würden Elektrobetriebe vor Ort mit der Reparatur beauftragt. So wollen es auch die Niersbacher halten. Der Gemeinderat hat demnach dem neuen Vertrag mit RWE für die Straßenlaternen noch nicht zugestimmt, sondern nachgefragt, was sie die Leuchten kosten sollen.

Die Antwort steht noch aus. Zu der Kritik an den Eigentumsverhältnissen sagt RWE-Sprecher Rolf Lorig: "In Abstimmung mit dem Gemeinde- und Städtebund wurde vereinbart, dass das Eigentum aus Haftungsgründen für die Dauer der Vertragslaufzeit bei RWE Rhein-Ruhr bleibt." Nach Ende der Vertragszeit gingen die Leuchten unter Berücksichtigung der von der Gemeinde geleisteten Zahlungen in deren Eigentum über. Zu den Wartungskosten verweist Lorig darauf, dass bei der Preisgestaltung genau gerechnet werde. Es gebe zudem maßgeschneiderte Angebote. Nicht maßgeschneidert ist der Konzessionsvertrag mit RWE, bei dem es um die technischen Anlagen wie Stromleitungen geht. Der Gemeinde- und Städtebund handelt ihn derzeit für alle Kommunen aus. Viele Kommunen im Kreis haben grundsätzlich schon Ja zu RWE gesagt. Kunststück, bei der Ausschreibung hat sich sonst niemand gemeldet. Niersbach zögert noch.

Krumeich: "Der Vertrag soll 20 Jahre laufen. Wer weiß, was dann ist?" Er rechnet damit, dass das RWE, das er als Monopolist bezeichnet, aufgrund von EU-Forderungen zerschlagen wird."RWE ist kein Monopolist. Der Strommarkt ist seit 1998 liberalisiert", sagt Rolf Lorig und verweist auf die Ausschreibung für die Konzession, bei der jeder Netzbetreiber hätte mitmachen können. Zu den langfristigen Verträgen erklärt Lorig: "Ein solcher Vertrag bedeutet für beide Seiten Planungssicherheit." Wegen der hohen Kosten in die Infrastruktur habe der Gesetzgeber solch eine Laufdauer ausdrücklich vorgesehen.

A la David gegen Goliath hat der Gemeinderat zum Konzessionsvertrag ebenfalls keinen Beschluss gefasst. Der Rat will zunächst wissen, was RWE in den nächsten Jahren in Niersbach plant. Die Niersbacher wollen Bodenleitungen anstatt der unsichereren Überlandleitungen.

Meinung

Hinterfragen lohnt sich

In Zeiten knapper Kassen sind kreative, kostensparende Lösungen gefragt. Alles , was Kosten verursacht, sollte hinterfragt werden. Die Niersbacher tun's. Vorbildlich. Auch wenn sie beim Energieversorger, der sich um das Stromnetz kümmert, nicht die Wahl haben, sie hinterfragen wenigstens die Verträge, die viele einfach hinnehmen, vielleicht weil sie vom Gemeinde- und Städtebund ausgehandelt wurden. Doch Massenlösungen müssen nicht immer für alle das Beste sein. Mutig auch, den großen Energiekonzern beim Thema Straßenbeleuchtung zu hinterfragen. Nur weil er "Aktiv vor Ort" ist, muss er den Gemeinden noch lange nicht das Beste bieten. Es wird spannend, ob sich RWE und Niersbach bei den Preisvorstellungen für die Laternen treffen. Falls ja und falls das Risiko der Lampenübernahme nicht zu groß ist, könnte das Beispiel Schule machen. Den Gemeinden könnte es helfen, Geld zu sparen und heimische Elektrobetriebe könnten von den Reparaturaufträgen profitieren. m.maier@volksfreund.de

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