Geldstrafe für prügelnden Studenten

Es stand Aussage gegen Aussage am zweiten Verhandlungstag im Strafverfahren gegen einen 28-jährigen BWL-Studenten aus Berlin. Er soll im Dezember am Wittlicher Bahnhof einen Bekannten verletzt haben. Am Ende glaubte die Richterin dem Geschädigten und verurteilte den von ihm Beschuldigten wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Nötigung zu einer Geldstrafe.

Wittlich. Mit gefalteten Händen und ungläubigem Blick hört sich der Angeklagte ruhig und ernst die Urteilsbegründung der Richterin an, die den BaföG-Empfänger zu 120 Tagessätzen á 20 Euro Strafe verurteilt.

An manchen Stellen setzt der Student zum Reden an, schluckt seine Worte jedoch runter. Dabei schüttelt er den Kopf. Und er blickt lange dem jungen Mann ins Gesicht, der kurz vorher eine Stunde lang zu dem Vorwurf befragt wurde, der im Raum stand: Demnach kam es am frühen Morgen des 19. Dezember 2009 nach einem gemeinsamen Discobesuch in Trier am Bahnhof Wittlich-Wengerohr zu einem Streit zwischen den beiden jungen Männern (der TV berichtete).

Auslöser war die Speicherkarte einer Bekannten, die sich mit den beiden übers Internet verabredet hatte.

Der Geschädigte, der Umweltmanagement in Gießen studiert und von Koblenz mit dem Zug nach Wittlich gefahren war, hatte die Speicherkarte in seine Kamera gesteckt.

Verteidiger überlegt, in Revision zu gehen



Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte nach dem gemeinsamen Discobesuch den stark alkoholisierten Mann aus Gießen gegen das Sprunggelenk trat und ihn umwarf, als dieser die Aufforderungen zur Herausgabe der Chipkarte ignorierte.

Bei dem Sturz fiel der heute 25-Jährige seitlich aufs Gesicht, wobei er sich am linken Auge einen Bluterguss zuzog. An seinem Fuß riss er asich das Innenband an und das Außenband ab.

Dann habe der Angeklagte die Taschen des Opfers durchwühlt, was den Tatbestand der Nötigung erfülle, so die Richterin. Die Besitzerin der Speicherkarte, eine Freundin und zwei weitere junge Männer, die mit in der Disco waren, saßen zu der Zeit wenige Meter entfernt im Auto. Sie geben an, nichts gesehen zu haben.

Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe bis zum Schluss. Er wiederholt immer wieder in ruhigem Ton und mit gestikulierenden Händen, dass er sich den ganzen Abend um den betrunkenen Bekannten gekümmert habe. Der kommentiert die Aussagen mit einem säuerlichen Grinsen und spricht nach der Verhandlung von einer schauspielerisch reifen Leistung, mit der der Verurteilte sich als "Biedermann" präsentiert habe.

Bei der Urteilsverkündung atmet der Geschädigte auf



In seinem Plädoyer rollt der Verteidiger die Theorie auf, dass der Geschädigte so betrunken gewesen sei, dass er von alleine gestürzt sein könnte und seinen Mandanten nur beschuldige, um Schmerzensgeld zu kassieren. Er beantragt Freispruch.

Die Richterin hingegen glaubt nicht, dass der Verletzte, der laut Test drei Stunden nach dem Vorfall noch 1,58 Promille Alkohol im Blut hatte, in der Lage gewesen sei, einen solchen Plan zu schmieden. Für sie ist ausschlaggebend, dass der Beschuldigte der Letzte war, der Kontakt mit dem Opfer hatte, bevor der Mann die Verletzungen erlitt.

Bei der Urteilsverkündung atmet der Geschädigte hörbar auf. Stärkstes Argument der Richterin für ihren Urteilsspruch ist ein Indiz: Zwei Zeugen hatten ausgesagt, dass der Täter nach dem Gespräch mit dem Opfer alleine ins Auto zurückgekehrt sei und von einem "Griff" gesprochen habe, mit dem er den Bekannten "kampfunfähig" gemacht habe.

Der Verteidiger denkt darüber nach, in Revision zu gehen. Für den Geschädigten steht fest, dass er noch Zivilklage erheben wird. Er will Schmerzensgeld dafür, dass er wegen seiner Verletzung am Fuß ein halbes Jahr nicht arbeiten konnte. ca/hsc

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort