Kirchenglocken im Vorgarten

LANDSCHEID. Vier Kirchenglocken an der Bundesstraße B 50 erzählen eine kurze, aber dennoch bewegte Geschichte. In Landscheid sind die Glocken nicht im Glockenturm – wie üblich – sondern im Vorgarten der Pfarrkirche aufgestellt.

 Die Landscheider Kirchenglocken erzählen Geschichten aus dem 20. Jahrhundert. Foto: Erich Gerten

Die Landscheider Kirchenglocken erzählen Geschichten aus dem 20. Jahrhundert. Foto: Erich Gerten

Kirchenglocken gehören normalerweise in den Glockenturm eines Gotteshauses. In Landscheid ist das anders. Dort werden die Glocken im Vorgarten der Pfarrkirche präsentiert, für jedermann sichtbar direkt an der Durchgangsstraße B 50. Und weil viele Autofahrer sich über diese Art der Präsentation von Glocken wundern oder auch freuen, hat der TV recherchiert. "Natürlich haben die Landscheider funktionsfähige Glocken auch im Kirchturm, die Tag für Tag zum Gebet einladen." Walter Feltes, heute Leiter der Volkshochschule (VHS) Wittlich, hat viele Jahre gegenüber der Pfarrkirche gewohnt und kennt die Geschichte der Stahlglocken bestens. Sie wurden 1947/48 als Ersatz für die im Weltkrieg zwangsweise zum Einschmelzen abgelieferten Glocken gekauft. Orts-Chronist Werner Oster war sogar dabei, als die Glocken aufgehängt wurden: "Landscheider Handwerker halfen mit, auch die schwerste Glocke in den Glockenstuhl zu hieven. Fast schon oben, löste sie sich aus der Halterung und rasselte 35 Meter nach unten." Wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt. In letzter Sekunde pressten sich die Helfer an die Turmwand, die schwere Glocke raste förmlich an ihren Zehen vorbei nach unten. "Manche sagen, durch den Luftzug habe sich die Statue der Patronin St. Gertrud unten im Turm auf ihrer Konsole mit dem Gesicht zum Altar gedreht", erzählt Walter Feltes. Die Glocke blieb heil und verrichtete ihren Dienst fast 30 Jahre lang. Im September 1976 weihten die Landscheider drei neue Bronzeglocken, gegossen bei Mabilon in Saarburg, ein. "Es gab eine Diskussion über den Verbleib der alten Stahlglocken", so Werner Oster. "Eine Idee war, die Glocken umzudrehen und mit Erde zu füllen und Blumen hinein zu pflanzen." Anstoß zu diesem Vorschlag war wohl die Tatsache, dass es tatsächlich eine ältere, gesprungene Glocke gab, die neben dem Turm eingegraben war und nur mit dem unteren Rand aus dem Pflaster herausragte. "Der Vorschlag, die Glocken vor der Pfarrkirche aufzustellen, setzte sich aber durch, vermutlich weil die Feuerwehr sich bereit erklärte, die Pflege zu übernehmen." Mit schwerem Gerät wurden die Glocken an Ort und Stelle gebracht und auf dicke Eichenbohlen gestellt, mit Sandstrahl gereinigt und mit Silberanstrich versehen. Bis heute übernimmt die Jugendfeuerwehr die Reinigung und die Pflege des Anstrichs, ehrenamtlich, versteht sich.

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