Unbemannter Spritzhubschrauber im Anflug

Bernkastel-Kues · Eine Million Euro soll die Entwicklung eines Spritzhubschraubers kosten, der nur durch Technik gesteuert wird. In drei Jahren könnte er an der Mosel fliegen. Durch seinen Einsatz würde die Lärmbelastung sinken. Die Weinreben wären besser zu erreichen. Herkömmliche Helikopter (mit Pilot) sollen aber weiterhin im Einsatz sein.

Bernkastel-Kues. Ein Spritzhubschrauber, der ohne Pilot fliegt? In Japan gibt es ihn. Über Reisfeldern werden unbemannte Helikopter eingesetzt. Weinbauexperte Wilfried Zipse vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Mosel erfuhr davon bereits vor einigen Jahren und wurde hellhörig. Könnte ein solcher Hubschrauber auch in den steilen Weinbergen für den Pflanzenschutz eingesetzt werden?
Ende 2009 fragte er beim Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum nach. Die Experten aus Oberpfaffenhofen (Bayern) signalisierten Interesse. Anfang Februar 2010 kam es zum ersten Treffen. Ergebnis: "Es ist möglich, solch einen unbemannten Hubschrauber zu bauen. Es wäre weltweit der erste im Weinbau", sagt Zipse. In der Folge wurde getüftelt, konstruiert und getestet. Zu den Projektpartnern gehören eine Firma für Modelltechnik und eine Elektronikfirma.
Zwei kurze Flüge absolvierte ein Kleinhubschrauber im Jahr 2011 über Rebflächen in Neumagen-Dhron. "Er wurde allerdings wie ein Modellflugzeug vom Boden aus gesteuert", erläutert Zipse. Das waren reine Testflüge.
Zu mehr sei das eingesetzte Gerät auch nicht in der Lage. Jeder Flug musste außerdem von der Luftfahrtbehörde genehmigt werden und von einem offiziellen Luftlandeplatz erfolgen.
Das geplante Modell soll mit 3-D-Technik und Rechnern ausgestattet sein und seinen Weg selbst finden - vom Start bis zur Landung. 40 000 Euro seien bisher investiert worden, berichtet Zipse. Die Kosten für die Entwicklung des Hubschraubers, der etwa zwei Meter lang und einen Meter hoch sein soll, taxiert er auf etwa eine Million Euro.
Was soll das Gerät anders machen oder können als der herkömmliche von einem Piloten gesteuerte Flieger? Zipse: "Es ist mit weniger Belastung wie Lärm und verwehen des Spritzmittels zu rechnen, weil ein präziseres und tieferes Fliegen möglich wird."
Weitere Testflüge geplant


Gleichzeitig könnten Blätter, Stiele und Trauben besser erreicht werden. Es werde auch möglich, kleinparzellierte Rebflächen zu erhalten, für die eine Spritzung mit dem großen Hubschrauber nicht möglich ist, weil sein Radius zu groß ist.
In drei Jahren könnte der gewünschte Prototyp fertig sein, sagt Projektleiter Konstantin Kondak (Institut für Robotik und Mechatronik des Luft- und Raumfahrtzentrums). Noch 2012 soll es weitere Testflüge geben. Erfahrung haben Kondak und seine Mitarbeiter mit solchen Geräten. So werde auch an einem unbemannten Fluggerät für die Bergrettung gearbeitet.
Der Weinbauverband Mosel unterstützt das Projekt: "Solche Hubschrauber könnten auf jeden Fall einmal dort für Entlastung sorgen, wo die Abstände zu Häusern geringer sind", sagt Geschäftsführer Gerd Knebel. "Um alle Steillagen an der Mosel zu spritzen, werden jedoch die großen Hubschrauber auch in Zukunft gebraucht", fügt er an. 2012 haben die Spritzausschüsse die Hubschrauberspritzung von 2285 Hektar Rebfläche beantragt. Insgesamt umfasst das Anbaugebiet etwa 9000 Hektar.
Wer trägt die Kosten für Entwicklung und Produktion? Geld soll unter anderem von den Projektpartnern kommen.
Zuschüsse gibt es auf jeden Fall vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - aus dem Programm zur Innovationsförderung. Staatssekretär Peter Bleser wird am 1. August im Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum in Bernkastel-Kues die Fördersumme bekanntgeben. Wie hoch sie ist, weiß Wilfried Zipse noch nicht. Auch in Berlin war noch nichts in Erfahrung zu bringen.
Viele Fragen sind noch offen. Wie viele Maschinen werden benötigt, wie teuer sind sie? Wer wird Eigentümer? Wer überwacht die Einsätze und programmiert die Maschinen? "Das ist alles noch ungeklärt", sagt Zipse. Eines ist aber klar: Das unbemannte Flugobjekt soll den herkömmlichen Spritzhubschrauber nicht ablösen, sondern ergänzen. "Denn der Klimawandel führt zu engeren Spritzabständen, weil weitere Schädlinge hinzukommen", erläutert Zipse.

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