So wie Nur Yanti-Boor, die aus Indonesien stammt. Sie will den Lesern in der Wittlicher Bildungseinrichtung ihre Heimat präsentieren und informieren. Mit einem Dutzend Menschen hat sie gesprochen, die beispielsweise sehr überrascht waren zu hören, dass 17 000 Inseln zum Land gehören. Die meisten verbanden mit Indonesien eine Dschungellandschaft. Manche Besucher mussten erst eine Hemmschwelle überwinden, ein lebendes Buch auszuleihen. So ging es auch Sabine Frenzer. Sie sagt: "Es ist im ersten Moment schon komisch, die Leute hier auszufragen." Keine Berührungsängste hat dagegen Christel Beckert-Schoemen: "Wir haben die Absicht nach Asien zu reisen, und ich freue mich, hier schon einmal etwas über Vietnam zu erfahren."
Wer denkt, die Stadtbücherei habe die Premieren-Aktion angeboten, um die Besucherzahlen zu erhöhen, liegt falsch. "Es geht um Bildung, um Sprache und um die Qualität, die in der Bücherei geboten wird", erklärt Annette Münzel, stellvertretende Büchereileiterin. Christiane Nels vom Jugendmigrationsdienst Trier sagt zum Ziel der Aktion: "dass die Wittlicher in der Bibliothek mit Migranten ins Gespräch kommen können, was so im Alltag nicht immer gegeben ist."
Menschen aus 117 Nationen

Immerhin aus 117 Nationen stammen die rund 5 800 Ausländer, die im Landkreis eine neue Heimat gefunden haben. In Wittlich selbst hat ein Zehntel der Bevölkerung ausländische Wurzeln - insgesamt sind es 1988 Menschen. Damit liegt der Ausländeranteil sogar höher als im Land.
Wissen wollten die Leser der lebendigen Bücher vor allem, ob sie sich in Deutschland gut aufgenommen fühlen, was sie nach Deutschland geführt hat und was die größten Unterschiede der Länder sind.
Für Nur Yanti-Boor ist das soziale Leben in Indonesien anders. Sie berichtet: "Die Leute sind bei uns offener, dafür ist hier mehr Ordnung, gerade im Straßenverkehr fällt mir das immer wieder auf, wie genau sich die Deutschen an Regeln halten." Kirathan Boulo aus dem Tschad wollte erst nicht als lebendiges Buch in die Bücherei, weil sie dachte, sie müsste vor einem Publikum sprechen: "Aber Einzelgespräche konnte ich mir vorstellen". Die lebendige Bücherei wurde vom Jugendmigrationsdienst Trier und dem Arbeitskreis Integrationspartner, in dem die Stadtbücherei Mitglied ist, veranstaltet.
Extra

Für die Stadtbücherei Wittlich ist es selbstverständlich, dass Bibliotheken Integrationsarbeit leisten. Neben der aktuellen Aktion lebendige Bücherei führen sie Migranten durch die Bücherei,veranstalten einen Alphabetisierungskurs und sind bei der Veranstaltungsreihe "Ich bin Wittlicher, und komme aus ..." dabei. Außerdem engagiert sich die Bücherei in der Bundesfachkommission für interkulturelle Bibliotheksarbeit. Daneben gibt es in der Bücherei fast 3500 Bücher in 49 Sprachen. Darunter ist auch Kinyarwanda, das in Ruanda gesprochen wird. chb