Ein Stehaufmännchen auf der Anklagebank

Trier/Landau · Knapp zwei Jahre nach Beginn der Ermittlungen muss sich der Eifeler CDU-Landtagsabgeordnete Michael Billen wegen der Polizeidaten-Affäre ab heute vor Gericht verantworten. Egal wie der Prozess ausgeht: Sein Landtagsmandat, das er gerade erst erneut errungen hat, wird der 55-Jährige nicht verlieren.

Trier/Landau. Für das Eifeler Urgestein Michael Billen liegen der parlamentarische Alltag und die Bewältigung politischer Nachwehen in diesen Tagen eng beiein-ander. Am Mittwoch vergangener Woche ergriff der CDU-Parlamentarier in der Landtagsdebatte über Windräder im Wald als erster Oppositionsredner das Wort und attackierte die Regierung. Von heute an sitzt Billen gemeinsam mit seiner Tochter selbst auf der Anklagebank und muss sich die Vorwürfe der Landauer Staatsanwaltschaft anhören. "Ich sehe der Verhandlung gelassen entgegen", gab sich der 55-jährige Christdemokrat vor Prozessbeginn gewohnt zuversichtlich.
Billens Optimismus hat durchaus mit dem Fall zu tun, für den ihn die Ankläger Hubert Ströber und Christoph Diener jetzt zur Verantwortung ziehen wollen. Die beiden Staatsanwälte werfen Billen vor, sich über seine Tochter, eine Polizistin, widerrechtlich geheime Daten aus dem polizeilichen Informationssystem Polis besorgt und an mehrere Medien weitergegeben zu haben. Dabei ging es um Informationen zu umstrittenen Geschäftspartnern der größtenteils landeseigenen Nürburgring GmbH beim Ausbau der Rennstrecke in der Eifel.
Billen war Mitglied des Untersuchungsausschusses, der die Vorgänge rund um den Nürburgring in der vergangenen Legislaturperiode kritisch beleuchtete.
Doch statt die Landesregierung unter Beschuss zu nehmen, stand der Eifeler Aufklärer Ende 2009 plötzlich selbst im Zentrum staatsanwaltlicher Ermittlungen und im Kreuzfeuer der Kritik. Die kam nicht zuletzt aus den eigenen Reihen, wo etliche von Billens Parteifreunden eine Chance witterten, den Eifler Rebellen in den vorzeitigen politischen Ruhestand zu schicken.
"Ich habe ihm empfohlen, auf sein Mandat zu verzichten und Schaden von der CDU-Fraktion abzuwenden", sagte der damalige CDU-Fraktionschef Christian Baldauf, ein politischer Intimfeind des Landwirts aus Kaschenbach.
Michael Billen ließ zwar seinen Fraktionsstatus ruhen. Aber er behielt sein Abgeordnetenmandat, rutschte im Landtag nur aus der vorderen in die letzte Bankreihe. Vorübergehend.
Denn Billen gelang, was kaum einer für möglich hielt. Obwohl der Bitburg-Prümer CDU-Vorsitzende wegen der Polizeidaten-Affäre selbst von Teilen des eigenen Kreisverbands heftig kritisiert wurde und eine Gegenkandidatin gar eine neuerliche Direktkandidatur Billens bei der Landtagswahl verhindern sollte, gelang dem Stehaufmännchen das Comeback. Erst setzte sich der 55-Jährige gegen seine innerparteiliche Herausforderin durch, bevor er Ende März dieses Jahres zum vierten Mal als direkt gewählter Abgeordneter für seinen Wahlkreis in den neu gewählten Mainzer Landtag einzog. Eine Leistung, für die selbst politische Widersacher Billen Respekt zollten.
Nach wie vor offen waren nach Billens Wiedereinzug in den Mainzer Landtag allerdings die möglichen rechtlichen Konsequenzen aus der Polizeidaten-Affäre. Auch in diesem Punkt hatte es ein monatelanges juristisches Tauziehen gegeben, bis das Pfälzische Oberlandesgericht Mitte Mai schließlich entschied, dass dem Parlamentarier doch noch der Prozess gemacht wird. Dies hatte die zuständige Strafkammer am Landauer Landgericht zuvor noch abgelehnt.
Ab heute muss die Kammer also einen Prozess führen, den sie eigentlich nicht führen wollte. Eine ziemliche groteske Vorstellung, die ein hoher rheinland-pfälzischer Justizbediensteter kurz nach der Entscheidung so kommentierte: "Eine zum Jagen getragene Strafkammer entwickelt erfahrungsgemäß keinen besonderen Aufklärungs- und Verfolgungseifer."
Darauf allein werden sich Michael Billen und seine mitangeklagte Tochter aber nicht verlassen. Sie haben mit der Essener Kanzlei Holthoff-Pförtner eine der renommiertesten deutschen Anwaltssozietäten beauftragt. Die Kanzlei verteidigte schon Altkanzler Helmut Kohl in der Spendenaffäre oder den Skandal-Bundesligaschiedsrichter Robert Hoyzer.
Für den Prozess sind zunächst drei Verhandlungstage angesetzt; bleibt es dabei, fällt am Donnerstag das Urteil.
Um sein Abgeordnetenmandat muss der Eifeler Politiker selbst für den aus seiner Sicht unwahrscheinlichen Fall nicht fürchten, dass er verurteilt werden sollte. Laut einem Landtagssprecher müsste Billen sein Mandat nur abgeben, wenn er wegen eines Verbrechens zu einer mindestens einjährigen Gefängnisstrafe verurteilt würde. Dem 55-Jährigen wird allerdings auch von der Staatsanwaltschaft kein Verbrechen zur Last gelegt, sondern nur ein Vergehen.

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