Landesregierung: Forderung nach Burka-Verbot schürt Vorurteile

Mainz/Paris · Hitzige Debatte um ein Burka-Verbot: Die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Irene Alt (Grüne) weist eine entsprechende Forderung von CDU-Chefin Julia Klöckner als "völlig überflüssig" und "populistisch" zurück.

Mainz/Paris. Dürfen muslimische Frauen in Deutschland einen Ganzkörperschleier, die Burka, tragen? Nein, meint Julia Klöckner, stellvertretende Bundesvorsitzende und Landeschefin der CDU. "Ich bin dafür, dass Vollverschleierung verboten wird. Für die Frauenquote kämpfen, aber Burka tragen gut finden - das passt doch nicht zusammen", sagt Klöckner in einem Interview mit der Rheinischen Post. Die Burka stehe nicht für religiöse Vielfalt, sondern für ein abwertendes Frauenbild.
Die CDU-Politikerin prangert auch ein Faltblatt des Landesbildungsministeriums aus dem Jahr 2010 an, in dem muslimischen Mädchen beim Schwimmunterricht in den Schulen das Tragen eines Burkini (Schwimmanzug) empfohlen wird. Diese Empfehlung gilt immer noch. Klöckner: "Da wäre doch die Grüne Claudia Roth die Erste, die eine Lichterkette des Protestes anführen würde, wenn sich so etwas die katholische Kirche einfallen ließe."
Integrationsministerin Irene Alt (Grüne) und der Beauftragte der Landesregierung für Migration und Integration, Miguel Vicente, üben scharfe Kritik. Die Diskussion über ein Burka-Verbot sei "völlig überflüssig". Durch solche populistischen Forderungen würden einzelne Bevölkerungsgruppen oder Religionsgemeinschaften in ein schlechtes Licht gerückt und Vorurteile geschürt. Zuwanderung sei heute eine Tatsache, der man "nicht mit gescheiterten Denkmodellen aus den 1980er Jahren begegnen" dürfe, betonen Alt und Vicente.
Die Landtagsfraktion der Grünen weist auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags vom März 2010 hin, demzufolge das Tragen einer Burka im öffentlichen Raum nicht verboten werden könne. Damals habe auch Julia Klöckner dem Bundestag angehört.Verbot in Frankreich seit 2010


Im benachbarten Frankreich besteht seit Oktober 2010 ein Burka-Verbot. Es gilt für Konzertsäle und Museen ebenso wie für Ämter, Bibliotheken, Gerichte und öffentliche Verkehrsmittel. Der ehemalige konservative Staatspräsident Nicolas Sarkozy hatte das Gesetz erlassen, das damals 70 Prozent der Franzosen guthießen, das aber immer wieder für Diskussionen sorgt.
Bildungsministerin Najat Vallaud-Belkacem will das Kopftuchverbot an den Schulen künftig etwas lockerer auslegen. Sie überlegt, in Einzelfällen Müttern mit Kopftuch die Begleitung an Schulausflügen zu erlauben.Extra

So diskutieren TV-Leser im sozialen Netzwerk Facebook ein Burka-Verbot: Isabel Tuyau: Religionsfreiheit kann keine Entschuldigung für die Untergrabung hart erkämpfter Rechte sein. Frauen, die die Burka tragen, lassen sich, ohne es zu wissen, von diesen politischen Kräften instrumentalisieren. Wir Frauen haben lange gekämpft und tun es immer noch, um die Rechte zu bekommen, die wir heute haben und die uns zustehen. Das können wir uns nicht aus der Hand nehmen lassen aus falschem Toleranzdenken. Sandra Klein: Die Burka ist Ausdruck der Religiosität. Das Grundgesetz erlaubt Religionsfreiheit in Deutschland. Was kommt als Nächstes, Perückenzwang für die Buddhisten (von denen sich ja viele eine Glatze rasieren)? Leben und leben lassen - deshalb ein klares Nein für ein Verbot! Anmerkung der Redaktion: Namen auf Facebook müssen nicht den echten Namen entsprechen. tz volksfreund.de/burka

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