Ohne Aufbruch in die Versenkung

MAINZ. Starke Grüne braucht das Land, lautete das Motto der Ökopartei, unter dem nach dem Wahldebakel wieder der Weg zurück in den Landtag gesucht werden soll. Beim Mainzer Parteitag blieb der von allen beschworene neue Aufbruch allerdings nur Ankündigung.

Das Wort "Neuanfang" führten alle Grünen-Delegierten im Munde, als sie in Mainz nach den überraschenden Scheitern bei der Landtagswahl zwei Tage über die künftige politische Weichenstellung diskutierten. Umstritten war das "Wohin". Mahnende Worte kamen von der vorzeitig zurückgetretene Parteispitze. Es sei falsch, sich gegen die Bundespartei profilieren und in Rheinland-Pfalz die widerspenstigen Gallier wie bei Asterix und Obelix geben zu wollen, warnte Manfred Seibel. Dass bei den letzten Wahlen die Grünen überall hinzugewonnen haben, nur nicht im Land, war für ihn bezeichnend. Ein Klima des Misstrauens gegenüber dem Vorstand beklagte die ebenfalls scheidende Co-Parteichefin Tabea Rößner. Doch es meldeten sich auch diejenigen zu Wort, die "zurück in die Zukunft" wollten mit Streitkultur, basisorientiert, mit grünen Themen wie Friedenpolitik und Ökologie und ohne "glatt gebügelte" Programme. Radikaler werden, so die Forderung des Dauner Kreisvorsitzenden Karl-Wilhelm Koch, der auch als Kandidat für den Landesvorsitz antrat. Sein Plädoyer für eine eindeutige linke Positionierung fand nicht die erhoffte Resonanz, sondern rief postwendend Gegenredner auf den Plan. Der frühere Landtagsabgeordnete Guido Dahm warnte davor, sich weiter allein an grünen Herzblut-Themen auszurichten und damit an den vielen Menschen vorbei zugehen. Neuanfang könne nicht heißen, die falsche Richtung noch konsequenter weiter zu verfolgen. Auch die Bitburger Bundestagsabgeordnete Ulrike Höfken sprach sich gegen eine "fatale" Abgrenzung von der Bundespartei aus. Koch scheiterte nicht nur mit seinem Radikalisierungsantrag, sondern auch mit seiner Kandidatur in der ersten Runde deutlich. In einer Stichwahl um den Posten des Vorstandssprechers (Parteivorsitzenden) setzte sich schließlich der Koblenzer Nils Wichmann knapp mit 72 zu 69 gegen den Kuseler Landschaftplaner Andreas Hartenfels durch. Für den allein Frauen vorbehaltenen Vorsitzenden-Stuhl gab es mit Unternehmensberaterin Eveline Lemke-Ziebeil zwar nur eine Kandidatin. Die aus Hessen übergewechselte Grüne erhielt allerdings mit 84 Ja-Stimmen bei 52 Nein-Stimmen und neun Enthaltung alles andere als einen großen Vertrauensvorschuss. Allein Bundesparteichefin Claudia Roth gelang es zeitweilig, die Parteitags-Lethargie zu vertreiben und mit Appellen ans grüne Ego auch etwas Balsam auf die von der Wahlschlappe geschlagenen Wunden zu streichen. "Grüne Themen sind nicht out, wir stellen die richtigen Fragen", versuchte sie ihren Parteifreunden Optimismus einzuimpfen, auch wenn sie einen langen und steinigen Weg zurück in den Landtag sieht. Mit einem wenig richtungweisenden Papier, das inhaltlich für alle etwas bot ohne der immer wieder geforderten Zuspitzung von Themen gerecht zu werden, verabschiedete sich die Partei erst einmal für Jahre in die Versenkung der außerparlamentarische Opposition.

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