Fledermausvielfalt kontra Riesenwindmühlen

Fell/Mehring/Riol · Die Vielfalt an Fledermäusen im Feller Nosserntal soll deutschlandweit einzigartig sein. Nach Angaben des Experten Manfred Weishaar vom Naturschutzbund (Nabu) Region Trier konnten dort bisher 18 der 21 Arten nachgewiesen werden. Weishaar sieht "die Kostbarkeit" durch die geplanten Windkraftanlagen in Fell, Mehring und Riol gefährdet.

Fell/Mehring/Riol. Für Chinesen ist die Fledermaus ein Symbol des Glücks und Gewinns, für andere wiederum sind es gar furchterregende Tiere, die gespenstig durch die Nacht segeln. Wieder andere sehen in den Geschöpfen nützliche Tiere, die zig Schnaken vertilgen. Für Manfred Weishaar vom Naturschutzbund Region Trier sind Fledermäuse faszinierende Tiere und ein Indikator für den Artenreichtum einer Landschaft.
Seit 30 Jahren studiert der ausgebildete Maschinenbauingenieur die Nachtschwärmer - auch rund um Fell. Das Ergebnis: 18 von 21 Arten, die es in Deutschland nachweislich gibt, kommen im Nosserntal vor. "Eine Kostbarkeit", sagt Weishaar, "die sich wohl seit der Römerzeit entwickelt hat." Begünstigt durch den Bergbau, das Klima und den Naturhaushalt konnte sich dort laut dem Nabu-Mitglied eine lange Fledermaustradition ausbilden. Vor zwölf Jahren wurde ein rund hundert Hektar großes Gebiet im Fellertal zum Flora-Fauna-Habitat-Gebiet (FFH), einem europäischen Naturschutzraum, erklärt.
Weishaars Rat ist seit Jahren gefragt, wenn es um die fledermausfreundliche Gestaltung des Feller Besucherbergwerks geht. So wurden etwa die Öffnungszeiten der Touristenattraktion an den Biorhythmus der Fledermäuse angepasst und auf die Monate April bis November beschränkt. Eine Wettertür schützt zudem die überwinternden Tiere vor Zugluft.
Doch nun schwebt laut Weishaar eine andere Gefahr über den Nachtschwärmern: Gemeint sind insgesamt zwölf geplante, bis zu 200 Meter hohe Windräder in Riol, Fell und Mehring (der TV berichtete mehrfach). Der Aktionsradius der Fledermäuse reiche bis zu 3000 Meter in die Höhe und etwa 30 bis 40 Kilometer weit, erklärt Weishaar. Manchmal legten sie auch Hunderte von Kilometern auf Wanderungen zurück. Seine Bedenken und Forderungen wurden während eines Termins bei der Kreisverwaltung Trier-Saarburg schon gehört: Windräder könnten zur tödlichen Gefahr für Fledermäuse werden. Zum einen, wenn sie in den Rotorblättern gehäckselt werden. Zum anderen haben britische Forscher herausgefunden, dass die Druckunterschiede in Windradnähe die Lungen der Tiere platzen lassen.
"Fledermäuse haben einen hohen Schutzanspruch, der gesetzlich vorgeschrieben ist", betont Weishaar. Er legt Zahlen vor, die die Population im Nosserntal seiner Meinung nach nicht verdauen kann: Zehn Tiere würden pro Jahr und Windanlage sterben. Auch im Hochwald sorgte das Auftauchen der Mopsfledermaus jüngst für Wirbel.
Das europaweit streng geschützte Tier könnte auch dort das Aus für mehrere geplante Windkraftstandorte in den Verbandsgemeinden Hermeskeil, Kell und Ruwer bedeuten (der TV berichtete).
Manfred Weishaar könnte sich einen Kompromiss vorstellen: "Wenn die Windräder nachts stillstehen, würde dies das Tötungsrisiko der nachtaktiven Tiere senken und die Population käme über die Runden." Fraglich ist, ob sich ein solcher Betrieb noch rentiert - oder ob am Ende der Stromkunde für diesen Ausfall zahlen muss.
Meinung

Noch dreht sich kein Rotor
Das Drama bei den Windkraftfestspielen in Fell und im Nachbarort Riol spitzt sich zu. Da wollen die einen die Höhen ringsum mit 200 Meter hohen Windrädern zustellen und träumen dabei von einer finanziell blühenden Zukunft. Eine düstere Zukunft im Schatten der kreisenden Riesenrotoren befürchten die anderen und rufen zum Widerstand auf. Mitten in diese Szene betritt der Fledermausexperte Manfred Weishaar die Bühne und erklärt das nahe Nosserntal zum Paradies der Flattertiere, wie es einzigartig in Deutschland sei. Ganz aus der Luft gegriffen erscheint seine These nicht - im gemeindeeigenen Feller Besucherbergwerk sind die Fledermäuse nicht umsonst mit einer umfassenden Präsentation vertreten. "Erst einmal abwarten" lautet die Devise. Zunächst muss der Windkraft-Investor Juwi ein Artenschutzgutachten vorlegen. Das fließt nach Prüfung durch untere und obere Naturschutzbehörde in den Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde ein. Sollten darin Flächen für die Windkraftnutzung ausgewiesen werden, folgt die weitere Prüfung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens der Kreisverwaltung, bei dem auch der Naturschutzbeirat mit externen Experten mitredet. So etwa sieht stark vereinfacht das Verfahren aus. Es wird noch viel Wind über die Höhen wehen, bis sich dort ein Rotor dreht. f.knopp@volksfreund.deExtra

Nachgewiesen wurden im FFH-Gebiet Fell: Mopsfledermaus, Breitflügel, Bechsteinfledermaus, Große Bartfledermaus, Teichfledermaus,Wasserfledermaus, Wimperfledermaus, Großes Mausohr, Kleine Bartfledermaus, Fransenfledermaus, Kleiner Abendsegler, Großer Abendsegler, Braunes Langohr, Graues Langohr, Rauhhautfledermaus, Zwergfledermaus, Mückenfledermaus, Große Hufeisennase. Noch nicht nachgewiesene Arten, aber es gibt Hinweise auf ihr Vorkommen: Nordfledermaus und Zweifarbfledermaus. (Quelle: Nabu Region Trier)

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