Kafkas Verwandlung einmal anders

Zimmermann, die blaue Knetfigur aus dem Studenten-Kurzfilm, ist allein. Allein in einem Raum ohne Ausgänge. Wie er sich aus dieser Situation befreit, erzählen Florian Beetz, Bernhard Robert, Martin Helge und Katharina Meinel in ihrem Knetfilm-Projekt, das am Freitag in Trier Premiere feierte.

Trier. Mit einer mehr als einstündigen Verspätung startete am Freitagabend im Club "Flucht nach Vorn" die erste öffentliche Ausstrahlung des Kurzfilms "Zimmermann". Es handelt sich um ein Projekt des Berliner Filmstudenten Florian Beetz mit seinem Team, zu dem auch der Trierer FH-Student Bernhard Robert gehört, der im letzten Jahr mit dem non-konventionellen Filmprojekt "Off-Beat" Aufmerksamkeit erregt hatte.

Die Grenze zwischen Traum und Wahnsinn



Die blaue Knetfigur Zimmermann, Protagonist des Kurzfilms, erinnert, abgesehen von der Farbe, ein wenig an Edvard Munchs Gemälde "Der Schrei". Sein vom Leid gekennzeichnetes Gesicht ist ohne individuelle Züge, und er will der zunächst ausweglosen Situation in einem Raum ohne Türen und Fenster entfliehen. Er probiert dazu auch verschiedene Drogen aus, die ihn an die Grenzen zwischen Traum und Wahnsinn führen - ohne Erfolg.

Der emotionale Frust darüber entlädt sich in einer mit viel Liebe zum Detail gestalteten Szenenfolge, an deren Ende Zimmermann im verwüsteten Raum absolut lethargisch wirkt. In einer Art Übergangsritual gebiert Zimmermann nach Einnahme eines Wurms einen Teil seiner selbst, der den Weg nach Draußen öffnet.

Das Sonnenlicht, das draußen wartet, verändert Zimmermanns Gesicht. Er ist jetzt ein Mensch geworden. Das Film-Team erzählt Kafkas "Verwandlung", in der Gregor Samsa morgens plötzlich aufwacht und feststellt, dass er sich nach wirren Träumen in ein menschengroßes Insekt verwandelt hat - nur in umgekehrter Reihenfolge. Der Weg des Zimmermanns aus dem Kurzfilm führt nicht in die totale Isolation. Sein Streben führt hinaus ins Licht. Ohne Worte und nur mit atmosphärisch dichter Musikuntermalung setzen Beetz und seine Freunde auf die Kraft der Bilder. Dabei scheuen sie nicht vor populären Anleihen bei dem Surrealisten Salvador Dalí oder der 80er Jahre Musikvideo-Ästhetik zurück. "Alles handgemacht", beteuern die jungen Künstler.

Die symbolstarke Novelle "Die Verwandlung" von Franz Kafka erzählt die Geschichte von Gregor Samsa, der sich über Nacht plötzlich in ein Insekt verwandelt hat. Für ihn und seine Familie ist diese Metamorphose mit vielen Problemen verbunden. (red)

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