Infrastruktur Lange Gesichter trotz neuer Halle: Trierer Vereine kritisieren Pläne für Sportstätte am Mäusheckerweg

Trier · 10,2 Millionen Euro soll der Neubau der Sporthalle am Mäusheckerweg kosten. Statt Vorfreude herrscht bei den Vereinen allerdings schlechte Stimmung. Die Kritik: zu teuer, überdimensioniert und nicht optimal auf die Bedürfnisse des Spielbetriebs ausgerichtet. Die Stadt Trier verteidigt ihre Planung.

 27.01.2018, Uni-Sporthalle, Trier, GER, RBBL, DONECK Dolphins Trier vs BSC Rollers Zwickau, im Bild Dirk Passiwan (Trier, n11)


Foto © Sebastian J. Schwarz

27.01.2018, Uni-Sporthalle, Trier, GER, RBBL, DONECK Dolphins Trier vs BSC Rollers Zwickau, im Bild Dirk Passiwan (Trier, n11) Foto © Sebastian J. Schwarz

Foto: Sebastian J. Schwarz/sjs / Sebastian J. Schwarz

650 Tribünenplätze und Kapazitäten für mehr als 1000 Besucher bei Kulturveranstaltungen soll die künftige Sporthalle am Mäushecker­weg haben. Abgesehen davon, dass die Sicht von der Tribüne auch nach deren Umplanung von den meisten Plätzen eingeschränkt bleiben wird (siehe Info), stellt sich die Frage: Sind die Dimensionen des 10,2 Millionen-Euro-Baus angemessen? Welche Sportveranstaltungen, die 650 Zuschauer zieht, gibt es (noch) in Trier, die nicht in der Arena stattfinden könnten? Und: Sofern der Sportbetrieb mit seinen Ligaspielen am Wochenende Vorrang haben soll vor anderen Veranstaltungen: Wie viele Konzerte, Kappensitzungen oder andere Events gibt es unter der Woche, bei denen mit 1000 Besuchern gerechnet werden kann?

Der TV hat über diese Fragen mit Trierer Sportfunktionären und der Stadtverwaltung gesprochen:

Michael Maxheim, Vizepräsident des Sportbunds Rheinland und Vorsitzender des Sportkreises Trier, in dem die 96 Sportvereine der Stadt organisiert sind: „Insgesamt scheint mir der Bau mit 10,2 Millionen Euro zu teuer zu sein. Beispiele in anderen Städten zeigen, dass Mehrzweckhallen mit ähnlichen Kapazitäten günstiger errichtet werden können. Dass die Halle 1000 Leute fassen soll, finde ich in Ordnung – selbst, wenn sich zurzeit nur wenige Veranstaltung in dieser Größenordnung abzeichnen: In der alten Mäusheckerhalle gab es ehemals viele hochkarätige Sportevents mit so vielen Zuschauern. Diese Möglichkeit sollte man sich nicht verbauen. Dass für andere Veranstaltungen zwei Cateringflächen und zwei Sanitärbereiche eingerichtet werden, halte ich für übertrieben – da scheint es mir, als wolle die Stadt nicht sparen. Absolut nicht zufrieden bin ich mit der geplanten Tribüne – dass bei 650 Sitzplätzen nur von knapp 300 die Sicht gut sein soll, ist nicht akzeptabel.“

Otmar Passiwan, Präsident der Trierer Rollstuhlbasketballer Doneck Dolphins: „Für uns steht an erster Stelle, dass wir nach sieben Jahren des Wartens 2020 endlich wieder eine vernünftige Spielstätte haben werden. Wir freuen uns dabei sehr, dass zumindest bei der Zugänglichkeit zum Spielfeld und bei den Umkleiden und Sanitärräumen besonderer Wert auf Barrierefreiheit gelegt wurde. Leider muss ich sagen, dass die Tribünenplanung unsäglich ist: Wir haben 300 bis 400 Zuschauer pro Spiel – die in den vergangenen Jahren schon einiges mitmachen mussten bei unserer Odyssee von Halle zu Halle. Wenn unsere Besucher dann in der neuen, auf uns ausgerichteten Halle, keine gute Sicht aufs Spielfeld haben, wird das für große Enttäuschung sorgen und möglicherweise etliche von Spielbesuchen abhalten. Schließlich sitzen viele unserer Fans in Rollstühlen, die Tribüne ist für sie nochmal schlechter konzipiert als für Fußgänger.“

Werner Hub, Präsident TV Ehrang: „Ich sehe den Bedarf für eine Veranstaltungshalle, die mehr als 1000 Zuschauer fasst, nicht. Kleinere Veranstaltungen wie Kappensitzungen und Vereinskonzerte finden in Eh­rang im Bürgerhaus statt und in Biewer in der Halle auf der Kipp. Für größere Veranstaltungen gibt es die Messeparkhalle, die Arena und die Europahalle. Beim Neubau der Mäusheckerhalle hätte man daher den Schwerpunkt auf die sportliche Nutzung legen müssen – dann wäre man mit weniger Räumen und weniger Platz hingekommen und hätte wohl für weniger Geld obendrein noch eine vernünftige Tribüne bekommen. Zumal ich auch gar nicht weiß, wann solche Veranstaltungen wie Konzerte mit 1000 Besuchern stattfinden sollten. Die Mäushecker­halle war früher an nahezu jedem Wochenende von Freitagnachmittag bis Sonntagabend durchgängig belegt – da blieben nur sehr wenige Termine, an denen Kulturevents stattfinden könnten.“

Otmar Cartarius, erster Vorsitzender der TSG Biewer: „Ich finde die ganze Sache traurig und nicht nachvollziehbar: Vor Schließung der alten Halle wegen Baufälligkeit hatten wir noch 100 bis 120 aktive Handballer in unserem Verein. Vier Abende pro Woche haben wir damals in der Mäusheckerhalle trainiert, am Wochenende liefen die Ligaspiele. Nach der Schließung mussten wir dann darum kämpfen, dass uns zumindest ein Trainingsabend in der Wolfsberghalle zugeteilt wurde. Viele haben darüber und über die Jahre den Spaß verloren – mittlerweile sind wir noch 60 Handballer, inklusive der Inaktiven. In die Planung der neuen Halle hat uns die Stadt in keiner Weise eingebunden, wir wurden auch nicht informiert, wie die Tribüne aussehen soll. Das Einzige, was wir gehört haben war, das wir unsere Geräte rausräumen sollen, weil die alte Halle abgerissen werden soll. Dass die Halle so gebaut wird, dass sie bei Kulturveranstaltungen 1000 Zuschauer fassen soll – und auch deshalb so teuer ist und der Sport deshalb Kompromisse eingehen muss – verstehe ich überhaupt nicht. Wofür haben wir denn Arena, Messeparkhalle und Europahalle – die ja auch saniert und erhalten werden soll?“

Jörg Hunold, Sportreferent MJC Trier: „Ich teile die Kritik, die Herbert Schuhmacher, Vizepräsident des  Handballverbands Rheinland, und Arena-Chef Wolfgang Esser im vorhergehenden TV-Artikel zu diesem Thema geäußert haben: Die Tribüne ist in der bisher vorgesehenen Form nicht zu akzeptieren. Die Halle soll in erster Linie eine Sporthalle sein, da kann man vernünftige Sitzplätze erwarten. Jetzt müssen wir abwarten, wie die Tribüne umgeplant wird und dann sehen, ob der Sport damit leben kann.“

Und das sagt die Stadtverwaltung:

Wie bislang schon in der alten Halle, werde auch im Neubau am Mäusheckerweg der Schulsport „absoluten Vorrang“ haben, teilt die Stadtverwaltung auf die TV-Nachfrage nach dem Nutzungskonzept der geplanten Dreifeldhalle mit.

Zweithöchste Priorität hätten die Vereine. Erst wenn deren Bedarf abgedeckt sei, könnten „darüber hinaus auch Veranstaltungen in der Halle organisiert werden“, erklärt Rathaus-Pressesprecher Michael Schmitz.

Welche das konkret sein könnten, sei „vorab nicht zu sagen“, sagt Schmitz. Große Konzerte blieben allerdings weiter der Arena vorbehalten. In der Mäusheckerhalle seien eher „größere Stadtteilveranstaltungen, beispielsweise von Musik- oder Karnevalsvereinen, oder größere schulische Veranstaltungen möglich.“

Dass es tatsächlich viele potenzielle Events mit 1000 Zuschauern und mehr gibt, die nicht in einer anderen Halle in Trier untergebracht werden können, und sich daher die höheren Baukosten lohnen, steht für die Stadt offenbar fest: „Es gibt regelmäßig eine Vielzahl von Anfragen, Schulsporthallen für Veranstaltungen zu nutzen. Da diese jedoch meist keine Veranstaltungshallen sind, kann diesem Wunsch oft nicht uneingeschränkt entsprochen werden“, betont Schmitz. Auch das Kulturamt halte eine Halle, deren Lüftungsanlage auf bis zu 1500 Besucher ausgelegt ist, für angemessen.

Dass die neue Halle eine Tribüne auf einer knapp drei Meter hohen Galerie erhalte, sei jedoch nicht der Ausrichtung auf Kulturveranstaltungen geschuldet, erklärt Schmitz. „Die Galerietribüne ist kein Kompromiss!“, betont der Rathaussprecher. Für eine ausziehbare Tribüne, die sich vom Hallenboden aus nach oben erstreckt, müsste ein stabilerer – und damit teurerer – Hallenboden gebaut werden. Mobile Tribünen müssten außerdem bedient werden, und die Technik bringe Wartungskosten mit sich, die bei einer Galerietribüne nicht anfallen. Zudem sei es bei bestimmten Veranstaltungen, etwa Schulfesten, wichtig, dass die Toiletten auf gleicher Ebene wie der Veranstaltungsraum untergebracht seien. Durch eine Galerie werde dafür Platz geschaffen auf der unteren Ebene. „Eine Galerietribüne ist daher eine vernünftige und wirtschaftliche Lösung“, betont Schmitz.

Früher hat man das offenbar anders gesehen: Denn nicht nur die alte Mäusheckerhalle, auch die Sporthalle am Wolfsberg bei Mariahof haben ausziehbare Bodentribünen. Ob beim Neubau der Wolfsberghalle, der ebenfalls für die nächsten Jahre geplant ist (der TV berichtete), nun stattdessen auch eine Galerietribüne vorgesehen wird, stehe noch nicht fest, erklärt Schmitz. Das Planungsverfahren befinde sich noch im Anfangsstadium.

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