Mit dem Abi in der Warteschleife

Schneller mit dem Studium beginnen und früher ins Berufsleben starten: Das waren die Ziele der rheinland-pfälzischen Landesregierung, als sie vor sechs Jahren das vorgezogene Abitur einführte. Nach der Einrichtung der neuen Hochschulabschlüsse Bachelor und Master ist die Bilanz des frühen Abis durchwachsen.

Trier/Daun/Bernkastel-Kues. Mehr als 1700 Abiturienten an den Gymnasien der Region Trier haben gerade ihre schriftliche Abiturprüfungen absolviert. Doch anders als bei den Abiturjahrgängen vor 2003, als das Land das vorgezogene Abitur flächendeckend einführte, ist ihr Schülerleben noch nicht zu Ende.

"Für viele ist es ein komisches Gefühl, nach den schriftlichen Prüfungen wieder normal zur Schule zu gehen", weiß Harald Heim, Leiter des Trierer Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums (FWG). Denn der Unterricht im 13. Schuljahr dauert bis Anfang März. Mitte März folgen die mündlichen Prüfungen. Spätestens am 31. März werden die Schüler ihr Abschlusszeugnis erhalten.

Bewerbungsfrist endet häufig Mitte Januar



Wer so lange wartet, bevor er sich um einen Studienplatz bewirbt, kommt im Sommersemester 2009 meist nicht mehr unter. Denn an vielen Unis endete die Bewerbungsfrist am 15. Januar - für die Rheinland-Pfälzer mit dem Jahreszeugnis der zwölften Klasse. Möglich sind nach Auskunft der Fachhochschule (FH) Trier noch Anmeldungen für die Fachrichtungen Architektur und Informatik, die in diesem Jahr eine gestiegene Nachfrage aufweisen. "Wir haben für Architektur schon 40 Bewerbungen vorliegen", sagt Pressesprecherin Kristina Jacob von der FH, die generell zum Sommersemester zulässt - "im Rahmen unserer Möglichkeiten".

"Für Abiturienten, die im Sommersemester mit ihrem Studium beginnen wollen, ist der frühere Termin von Vorteil", sagt Alfred Johann Schmitt, Direktor des Nikolaus-von-Kues-Gymnasiums in Bernkastel-Kues. Doch viele würden diese Option nicht wahrnehmen, weiß sein Kollege Klaus Weber vom Geschwister-Scholl-Gymnasium in Daun, weil die Zeit zwischen Prüfungen und Studienbeginn zu kurz sei. "Das halbe Jahr bringt den Schülern nicht so viel", bestätigt Ralph Borschel, Direktor des Hindenburg-Gymnasiums in Trier, "weil außer in Rheinland-Pfalz viele Universitäten im Wintersemester beginnen." Das sei mit den anderen Bundesländern und der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) nicht abgestimmt. Problematisch sei, dass Berufsschulen und G 8-Gymnasien ihre Abiturienten erst im Sommer entlassen würden.

"Wir haben die Verantwortung, den Studierenden optimale Studienbedingungen zu bieten", sagt Guido Käsgen von der Uni Trier. Das sei alleine schon aufgrund von Fristen wie beispielsweise für den Bafög-Antrag notwendig. Käsgen empfiehlt Abiturienten, die studieren möchten, die Zeit nicht zu vertrödeln, sondern sich über das bevorzugte Studienfach zu informieren, beispielsweise mit einem Schnupperstudium, und Vorleistungen wie das Latinum zu erbringen.

"Viele Schüler nutzen die Möglichkeit, Praktika und Sozialdienste zu machen", ergänzt Hermann Bous, Leiter des Friedrich-Spee-Gymnasiums in Trier-Ehrang. "Man kann die Zeit sinnvoll nutzen."

Umfrage:

"Das vorgezogene Abitur ist unsinnig, weil es so liegt, dass es für die Anmeldung zum Sommersemester zu spät ist." Christina Frick, 18, Waldrach

"Ich mache zuerst Zivildienst und will dann Wirtschaftsinformatik in Kaiserslautern studieren. Ich muss bis zum Wintersemester 2010 warten." Martin Dürr, 19, Feyen

"Das ist schon knapp. Der Stoff muss auf zwölfeinhalb Jahre zusammengestaucht, so schnell und intensiv vermittelt werden. Das bringt nichts. Ich fange erst im Wintersemester mit Wirtschaftsmathematik an." Johannes Weinert, 19, Ruwer (mehi)/ TV-Fotos(3): Mechthild Schneiders EXTRA Universität Trier: Für Studienbeginner im Sommersemester gibt es an der Uni Trier nur ein eingeschränktes Angebot. Ein Großteil der Fächer beginne im Wintersemester, sagt Guido Käsgen, Leiter des Amtes für Studentische Angelegenheiten. Lediglich die Fächer Mathematik, Informatik und Wirtschaftsinformatik böten jetzt einen Einstieg an. "Bislang hatten wir ein Verhältnis von einem Fünftel im Sommer zu vier Fünfteln im Winter", berichtet Käsgen. Der Schwerpunkt habe sich mit der Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen noch mehr in den Winter verlagert. (mehi)

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