Singles auf dem Vormarsch

Die Nachricht kommt überraschend: Laut einer aktuellen Erhebung liegt Trier bei den Single-Haushalten bundesweit auf Platz zwei. Leben in Trier nun deutschlandweit (fast) die meisten Singles? Nicht ganz.

Trier. Für Singles kann nun das große Flirten losgehen und vielleicht sogar der passende Partner auftauchen - rein rechnerisch ist die Gelegenheit dazu gekommen. Denn laut einer Erhebung des Informationsdienstleisters Acxiom ist Trier in Rheinland-Pfalz die Stadt mit der größten Singlesdichte. Selbst bundesweit kann nur noch Köln mit mehr Singles aufwarten. Brechen jetzt für die Alleinstehenden goldene Zeiten an?

Nun ja - ganz so einfach ist es dann doch nicht. Bei der Rechnung wurden nicht etwa tatsächliche Singles, sondern allein Single-Haushalte gezählt. Die wiederum können sich aus unterschiedlichen Gründen ergeben: Mal lebt ein Pärchen getrennt oder führt eine Fernbeziehung, an anderer Stelle wird eine Fünfer-Wohngemeinschaft (WG) als fünf Ein-Personen-Haushalte eingetragen und auch Menschen, die ihren Ehepartner verloren haben und nicht wieder heiraten, zählen zu dieser Kategorie.

Familie und Volksfreund



So kommt es schließlich zu den aktuellen Zahlen: Demnach gibt es in Trier 36 Ein-Personen-Haushalte je 100 Einwohner ab 18 Jahren. Nur in Köln gibt es bundesweit noch mehr (37). Selbst der oft als Single-Hauptstadt bezeichneten Stadt München (35) hat Trier den Rang abgelaufen - die bayerische Stadt teilt sich nun den dritten Platz mit Berlin, Lübeck und Freiburg.

Doch wieso haben sich die Ein-Personen-Haushalte in Trier so ausgebreitet? "Einen großen Anteil haben wohl die in Trier gemeldeten Studierenden", sagt Ralf Frühauf vom Presseamt der Stadt Trier. "An der Universität sind aktuell 14 945, an der Fachhochschule 6641 und an der Theologischen Fakultät 439 Studenten eingeschrieben." Das macht insgesamt 22 025 Studierende. "Die leben zwar sicher nicht alle in der Stadt, aber ein Großteil von ihnen schon", sagt Frühauf. Auch Professor Dr. Waldemar Vogelgesang, Soziologe an der Universität Trier, sieht die vielen Studenten als Erklärung für diese Entwicklung. Aber: "Dieser Grund alleine wäre zu einfach", räumt er ein. Ein-Personen-Haushalte seien bundesweit auf dem Vormarsch, auch in ländlichen Gebieten. Und es gebe ebenfalls einen Trend zu kollektiven Wohnformen, was vor allem bei Studenten ausgeprägt sei.

Doch nicht allein das Studium sei für diese Entwicklung verantwortlich, sagt Vogelgesang. "Die Lebens- und Beziehungsformen haben sich verändert. Immer mehr Menschen sind zusammen, leben aber nicht zusammen."

Das habe unter anderem damit zu tun, dass sich die Anforderungen an Beruf und Bildung verändert haben: "Flexibilität und Mobilität werden immer bedeutender. Je höher das Bildungsniveau der betreffenden Personen, desto mehr trifft das zu."

Zwar ist die Zahl der Eheschließungen in den vergangenen fünf Jahren in Trier mit rund 650 pro Jahr relativ konstant. Das allein sage aber noch wenig aus, denn "viele Paare aus umliegenden Gemeinden und dem gesamten Bundesgebiet gehen in Trier den Bund fürs Leben ein", erklärt Frühauf. Und auch Vogelgesang blickt eher pessimistisch auf die Zukunft der Ehe. "Immer mehr Menschen entscheiden sich gegen eine Heirat", sagt er. "Das ist wahrscheinlich die Folge von Scheidungen: In städtischen Gebieten trennt sich jedes zweite Ehepaar. Und die Quote derer, die danach wieder heiraten, ist deutlich niedriger als bei Erst-Eheschließungen."

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