SPD-Kandidat wirft wegen anonymer Schmähschrift hin

Osburg · Die Wahl eines neuen Osburger Ortsbürgermeisters am 22. Januar droht zur Farce zu werden: Sollte der SPD-Kandidat Gerd Schuh das Rennen machen, wird er die Wahl zurückweisen. Grund ist ein gegen ihn gerichteter anonymer Rundbrief mit diffamierendem Inhalt, der im Ort die Runde macht. Ortsbürgermeister Werner Mergens hatte sein Amt aus Altersgründen zur Verfügung gestellt.

Osburg. Hubert Rommelfanger von der Freien Wählergemeinschaft (FWG) und Gerd Schuh (SPD) werden am 22. Januar zur Wahl um die Nachfolge des Osburger Ortsbürgermeisters Werner Mergens antreten (TV vom 26. November). Bisher erschien das alles als normaler kommunalpolitischer Vorgang. Doch plötzlich kann in Osburg von Routine keine Rede mehr sein. Überraschend erklärt SPD-Kandidat Schuh am gestrigen Donnerstag bei einem Gespräch mit dem TV, dass er auf das Bürgermeisteramt verzichten werde, sollte er am 22. Januar die Wahl gewinnen. Die Begründung des 39-jährigen Handelsfachwirts: An Heiligabend war in Osburg ein anonymer Rundbrief aufgetaucht - mit Anwürfen gegen die SPD, aber insbesondere auch mit Verdächtigungen und Beschuldigungen gegen Schuh. Unter anderem wurde infrage gestellt, ob Schuh wegen seines beruflichen Engagements überhaupt Zeit für den Bürgermeisterposten habe, aber "sein Vater werde wohl helfend einspringen". Dann folgten Behauptungen und Verdächtigungen, die die Integrität Schuhs in frage stellten. Auch vor der Frau des Kandidaten hatte der anonyme Autor nicht haltgemacht.
Öffentliche Verzichtserklärung


"Schon im Interesse meiner Familie kann ich das nicht einfach beiseite schieben" sagt Schuh. In einem offenen Schreiben wendet er sich am Donnerstagnachmittag an die Osburger Bevölkerung. Darin heißt es: "An Heiligabend erfuhr ich von einem anonymen Rundbrief , in dem meine Frau, meine Familie im weiteren Sinne und ich mit mehreren falschen und haltlosen Aussagen beschuldigt und beleidigt werden. Ich habe mir so etwas, zudem noch an Heiligabend, in Osburg nicht vorstellen können." Abschließend bittet Schuh alle Osburger, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen und seinem FWG-Gegenkandidaten Hubert Rommelfanger ihr Vertrauen und ihre Stimme zu geben.
Wie Schuh gegenüber dem TV erklärt, habe er zunächst von der Kandidatur zurücktreten wollen. Doch dazu sei es nach den Vorschriften des Kommunalwahlgesetzes zu spät gewesen.
"Dieses anonyme Schreiben ist unterste Schublade. Das hat mit Demokratie und Wahlkampf nichts mehr zu tun", sagt FWG-Kandidat Rommelfanger (50). Schon früh hatte ihn Schuh über die Schmähschrift informiert. Rommelfanger: "Zunächst sei von beiden Seiten geplant gewesen, wegen der geringen Anzahl von Rundbriefen gar nichts zu unternehmen. Doch als sich die Kunde von dem Rundbrief nach dem Schneeballsystem immer weiter im Ort ausbreitete, habe Schuh die Konsequenzen gezogen.
Werner Mergens (70), Ortsbürgermeister a. D., versteht die Entscheidung des SPD-Kandidaten jedoch nicht. "Da will sich ein anonymer Schmierfink sein Mütchen kühlen. So ein Wisch gehört sofort in den Papierkorb - dann kann es normal weitergehen", sagt der empörte FWGler und fügt hinzu: "Ich hätte darauf einfach nicht reagiert." f.k.Meinung

Anonymer Basis-Säger
Es lässt sich drüber streiten, ob der SPD-Kandidat auf das anonyme Schmähschreiben überzogen reagiert hat oder nicht. Möglicherweise wäre die von Werner Mergens empfohlene Methode "Ab in den Papierkorb und dann weitermachen" wirksamer gewesen. Der Verfasser - oder war es sogar das Gemeinschaftswerk einer Gruppe? - hat jedenfalls seine antidemokratische Gesinnung demonstriert. Ein Freund der offenen Auseinandersetzung mit politisch Andersdenkenden ist er jedenfalls nicht. Dank seines "segensreichen Wirkens" dürfen die Osburger nun am 22. Januar zu einer Wahl ohne Wahlmöglichkeit gehen. Und gespannt kann man dann auf die Wahlbeteiligung sein. Politikverdrossenheit wird nicht nur von den großen Wulffs oder derer von Guttenberg produziert - manchmal reicht auch ein kleiner anonymer Säger an der Basis. f.knopp@volksfreund.deExtra

Der angekündigte Verzicht des Kandidaten auf seine mögliche Wahl zum Ortsbürgermeister ist ein seltener Vorgang, für den das Kommunalwahlgesetz (KWG) Rheinland-Pfalz aber in Paragraf 64, Absatz II, folgende Regelung enthält: Lehnt der Gewählte die Wahl ab, so ist die Wahl innerhalb von drei Monaten zu wiederholen. Ein einfacher Rücktritt von der Kandidatur war Schuh nach dem KWG nicht mehr möglich, da der Wahlausschuss bereits über die Zulassung der Kandidaten entschieden hatte. f.k.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort