Trierer Christdemokraten blitzen ab

Der CDU-Vorstoß, das Trierer Schulentwicklungskonzept kurz vor Toresschluss auf Eis zu legen, stößt rundherum auf Ablehnung. Bei den Mitgliedern des "runden Tisches", der derzeit die endgültige Fassung erarbeitet, ist man sauer. Und alle anderen Stadtrats-Fraktionen votieren dafür, das Konzept vorzulegen und zu diskutieren.

Trier. SPD, Grüne und FDP hatten den CDU-Antrag auf Aussetzung der Beratung bereits deutlich kritisiert, nun hat auch die UBM beschlossen, die von einem Experten-Gremium aus Politik, Schule und Wirtschaft in zwei Jahren erarbeiteten Vorschläge nicht einfach in die Mülltonne zu werfen. Argument aller Fraktionen: Es gebe keinen Grund, die gesamte Arbeit des runden Tischs in Frage zu stellen. Das erarbeitete Konzept, das auf umfassenden Daten fußt, die die Stadtverwaltung mit großem Aufwand erhoben hat, soll inhaltlich diskutiert werden. Unverhohlenen Ärger über die CDU-Initiative zeigen vor allem viele der 44 Mitglieder des runden Tischs. Sie haben viel Zeit und Energie investiert, um die Trierer Schullandschaft zu analysieren und Pläne für die zukünftige Entwicklung auszuarbeiten. "Wir haben offen und hart diskutiert", sagt Bernhard Hügle, Direktor des Auguste-Viktoria-Gymnasiums. Erstaunlich sei dabei gewesen, "dass die Vertreter aus den verschiedenen Spektren keine Einzelinteressen vertreten haben, sondern ein für alle brauchbares Ergebnis suchten".Runder Tisch "demontiert und missachtet"

Umso größer ist nun der Frust. "Demontiert und missachtet" sieht Hügle das Gremium. Markus Kleefisch von der Industrie- und Handelskammer drückt es diplomatischer aus: Es sei "irritierend, zu diesem Zeitpunkt eine solche Diskussion zu eröffnen". Schließlich habe der runde Tisch exakt dem Auftrag des Stadtrates entsprochen, "ein Gesamtpaket mit Zielsetzungen und konkreten Zeitschienen zu entwickeln". Das Ergebnis kann sich aus seiner Sicht sehen lassen, vor allem, "weil Leute aus allen Ecken mit ganz verschiedenen Meinungen etwas Gemeinsames entwickelt haben".Kleefisch ist es wichtig, "dass das Konzept nicht auf die Frage von Schulschließungen reduziert wird". Klar sei aber auch, dass mögliche Konsequenzen aus der Entwicklung der Schülerzahlen nicht außen vor gelassen werden dürfen. Das Argument der Christdemokraten, die Vorlage des Konzeptes habe keinen Sinn, weil die schulpolitische Linie des Landes unklar sei, stößt bei den Experten auf Unverständnis. Die "Realschule plus" sei sogar in die Diskussionen des runden Tisches eingeflossen, berichtet Schulleiter Hügle. Entsprechende Entwicklungszahlen sind schon in Arbeit. Das lasse sich "problemlos einarbeiten".Eine klare Linie fährt Oberbürgermeister Klaus Jensen. Er sehe "keine Veranlassung", die Arbeit am Konzept einzustellen. Man habe "klare Beschlüsse", und die Erstellung sei "sachlich notwendig". Jensens Fazit: "Alles geht seinen Gang". Unterm Strich zeichnet sich ohnehin ab, dass die CDU für ihren in der vergangenen Woche angekündigten Antrag auf Ausstieg aus dem Konzept keine Mehrheit bekäme. Viel skurriler ist allerdings, dass ein entsprechender Antrag für die morgige Stadtratssitzung offenkundig gar nicht gestellt wurde. "Mir liegt nichts vor", sagt der OB. Vor dem angekündigten Präsentationstermin des Konzepts Ende des Monats wird es aber keine weitere Ratssitzung geben. So könnte es sein, dass der CDU-Vorstoß schon an ungeschickter formeller Abwicklung scheitert. Meinung Geordneten Rückzug antreten Die CDU hat sich nach allen Regeln der Kunst vergaloppiert. Bei den Christdemokraten herrscht in der Vorwahlkampf-Panik die Devise "Erst verkünden, dann denken". Siehe Hindenburg, Schulkonzept, Friedhöfe. Da hilft nur noch eins: der geordnete Rückzug. Am besten einfach zugeben, dass es eine Schnapsidee war, die bislang von Vertretern aller Parteien als qualitätvoll angesehene Arbeit des runden Tischs ungesehen zu beerdigen. Das Argument, man wisse ja nicht, wohin das Land wolle, ist Unfug. Bei der "Realschule plus" ist die Richtung glasklar. Und wenn man warten will, bis alle anderen durch die Gegend wabernden Vorschläge verschiedenster Interessengruppen geklärt sind, wird es nie ein Schulentwicklungskonzept geben. Angst vor unpopulären Maßnahmen war noch nie ein guter Ratgeber. Das gilt für alle Fraktionen. Selbstverständlich sind Schulschließungen nicht das Ziel einer Entwicklungsplanung. Aber sie können eine von vielen Konsequenzen aus einer nüchternen Bestandsaufnahme sein. Das war übrigens bei der "Auftragsvergabe" noch Konsens aller Ratsfraktionen. Aber da war die Wahl noch weit weg. d.lintz@volksfreund.de

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