Wenn Erstklässler Mangelware werden

Trier · An die Schließung von Grundschulen im Landkreis Trier-Saarburg denkt trotz teils nur noch geringer Jahrgangsstärken wohl bisher niemand. Im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt sich die Zahl der Standorte nahezu, wo es nur ganz knapp oder gar nicht mehr für ein eigenständiges erstes Schuljahr reicht.

Trier. So wie im beschaulichen Mörsdorf (Landkreis Cochem-Zell) geht es noch in keiner der Grundschulen im Landkreis Trier-Saarburg zu. In der Hunsrückgemeinde werden inzwischen die Schüler der Klassen 1 bis 4 in den Fächern Sport, Bildende Kunst, Musik und Religion gemeinsam unterrichtet. Für eine Klasse pro Jahrgangsstufe reicht es schon lange nicht mehr.
Auch im Landkreis Trier-Saarburg gibt es nach den Sommerferien sechs Standorte, bei denen es nicht mehr für eine eigene erste Klasse reicht. Bei drei weiteren wird die Hürde mit zehn angemeldeten Schülern gerade so genommen (siehe Grafik).
Angesichts dieser Entwicklung, die bereits im Schulentwicklungsplan des Landkreises aus dem Jahr 2009 angesprochen worden war, stellt sich die Frage, ob die ganz kleinen Grundschulen noch eine Zukunft haben. Und es stellt sich zudem die Frage, ob nicht irgendwann die Schulaufsicht bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier den Zwergschulen ein Ende macht.
Zur ersten Fragestellung will sich bisher niemand so recht äußern. Eine Antwort auf die zweite Frage gibt Bernhard Herbrand, zuständig für Grundschulen im Raum Trier. "Die ADD wird von sich aus nicht an die Schulträger wegen der Schließung von Grundschulen herantreten." Das sei politisch nicht gewollt.
Natürlich seien kleine Schulen teurer als beispielsweise mindestens zweizügige Schulen. Das gelte sowohl für das Land, das für das Personal zuständig ist, als auch für die Träger. Das sind meist die Verbandsgemeinden (VG) und in wenigen Fällen auch Ortsgemeinden.
Mit den Grundschulen Mandern und Hentern ist die Verbandsgemeinde Kell Träger von gleich zwei Grundschulen, bei denen es nicht für eigenständige erste Klassen reichen wird. Doch die Keller stemmen sich mit aller Macht dagegen, dass Schulen geschlossen werden müssen. Das jedenfalls sagt Bürgermeister Werner Angsten. Und dafür sind die Keller bereit, sich finanziell zu engagieren. Die VG will eine Betreuungsperson finden und bezahlen. Die soll den Pädagogen unterstützen, der die einzige am Lampadener Standort der Grundschule Hentern-Lampaden verbliebene Klasse unterrichtet. Nur so kann dieser Standort gehalten werden.
Doch es gibt auch die Fälle, in denen die Zahl der Abc-Schützen steigt. Welschbillig in der VG Trier-Land ist solch ein Fall. Dort steigt die Zahl der Anmeldungen im Jahresvergleich von 20 auf 30 Jungen und Mädchen. Die Folge davon ist, dass es dort zu wenig Platz im Schulgebäude gibt, da es zwei erste Klassen geben wird. Deshalb muss nun ein neuer Klassenraum gebaut werden (der TV berichtete).
Vor einem ähnlichen Problem wird nach Ansicht von Trierweilers Ortsbürgermeister Matthias Daleiden die VG Trier-Land in seinem Heimatort stehen. Wäre nur ein Kind mehr dort angemeldet worden, hätte es drei erste Klassen gegeben. Platz gibt es jedoch nur für zwei. "Ich gehe davon aus, dass mindestens ein weiterer Klassenraum gebaut werden muss", sagt Daleiden.

Meinung

Wie lange wird weitergewurstelt?
Statistisch gesehen ändert sich wenig. Die Zahl der Abc-Schützen ist mit 1208 im kommenden Schuljahr nahezu identisch mit der des Vorjahres. Bedeutet dies, dass alles so weiterlaufen kann wie bisher? Sicher nicht. Denn die unwesentliche Veränderung der Gesamtzahl der Schüler täuscht darüber hinweg, dass es immer mehr Schulen gibt, denen die Schüler ausgehen. Dies hat nichts mit der Qualität der Bildung zu tun, sondern mit der Tatsache, dass es in Teilen des Kreises immer weniger Kinder gibt. Darauf müsste konsequenterweise mit einer Konzentration des Schulangebots reagiert werden. Doch das geschieht bisher nicht. Denn die Schulaufsicht bleibt untätig, da sich die Landesregierung hinter dem Spruch "Kurze Beine, kurze Wege" versteckt. Als ob ein Bustransfer zur Grundschule ein Makel wäre und weniger Bildungschancen zur Folge hätte. Gemeinden und Verbandsgemeinden (VG) als Träger dieser Schulen halten wohl teilweise auch am kleinsten Schulstandort fest, da sie den Zorn aufgebrachter Bürger fürchten. Möglicherweise spielt bei der einen oder anderen VG auch eine Rolle, dass die Grundschulen eine der wichtigsten Aufgaben für diese Verwaltungsebene sind. Würde diese Aufgabe auch von den Kreisverwaltungen übernommen, gäbe es möglicherweise eine Grundschulpolitik, bei der die Welt nicht spätestens an VG-Grenzen endet. Die Daseinsberechtigung der einen oder anderen VG wäre damit jedoch auch nahezu dahin. Und deshalb wird wohl weitergewurstelt. Und sei es, dass die gesamte Schulgemeinschaft in einem Klassenraum Platz hat. Das mag zwar heimelig sein. Mit einer nachhaltigen Schulentwicklung und einem sparsamen Umgang mit finanziellen Ressourcen hat das jedoch nichts zu tun. h.jansen@volksfreund.de

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