Effiziente Mischung aus Theorie und Praxis

Trier/Bitburg · Wissenschaft hilft Wirtschaft: Unter diesem Schlagwort laufen derzeit eine ganze Reihe von Projekten in der Region. An der Hochschule Trier können sich nun erfahrene Mitarbeiter von Betrieben in zwei Semestern zum Projektmanager (FH) ausbilden lassen.

 Datenerfassung vor Ort: In Sachsen-Anhalt haben Trierer Studenten das Maschinenbauunternehmen Reiplinger untersucht. Foto: Privat

Datenerfassung vor Ort: In Sachsen-Anhalt haben Trierer Studenten das Maschinenbauunternehmen Reiplinger untersucht. Foto: Privat

Trier/Bitburg. Der 41-jährige Maschinenbauingenieur Frank Schwarz aus Bitburg mischt sich fast 15 Jahre nach seinem Studienabschluss wieder unter die Studierenden. Für zwei Semester mit je acht Wochenstunden hat sich der erfahrene Ingenieur der Bitburger Reiplinger GmbH an der Hochschule Trier für die wissenschaftliche Weiterbildung eingeschrieben. "Anfangs war das noch etwas ungewohnt, doch es macht mir inzwischen viel Spaß, und es ist sehr inspirierend", erzählt Schwarz.
Mit diesem Angebot erhält der Bitburger ein Zertifikat zum Industriemanager (FH), doch für ihn und seine Firma ist die Zusammenarbeit mit Professor Armin Wittmann und seinen Studenten ebenso wichtig. Was in der Theorie gelehrt wird, wird sofort in Projekten in dem Maschinenbaubetrieb umgesetzt.
Synergieeffekte für alle


Armin Wittmann sieht in dem Zertifikatsstudiengang eine gute Gelegenheit Wissenschaft und regionale Wirtschaft zusammenzubringen.
"Die Idee ist, dass wir erfahrenen Mitarbeitern die Gelegenheit geben, Projektmanagement, Qualitätsmanagement und Materialmanagementmethoden zu erlernen und gleich in die kleinen und mittleren Betriebe einzubringen."
Im März startet der Studiengang für erfahrene Industriemitarbeiter. Die Zusatzausbildung qualifiziert auf der einen Seite die Mitarbeiter. Doch gleichzeitig profitieren die Unternehmen, wie das Beispiel des Bitburger Unternehmens zeigt. Die Firma Reiplinger hat in Bitburg ein Verkaufs- und Entwicklungsbüro mit fünf Mitarbeitern. In Sachsen-Anhalt, in Edersleben, ist das Produktionswerk mit 20 Beschäftigten. Die Firma produziert unter anderem sogenannte Beschlagsstanzen für Fenster- und Türenhersteller. Mit solchen Stanzen werden dann die Profile gekürzt, Bohrlöcher in Aluminiumprofile gestanzt oder auch Türbeschläge auf die richtige Länge gebracht.
Im Rahmen des Zertifikationsprojekts hat sich Frank Schwarz gemeinsam mit drei Studententeams die Produktionsabläufe angeschaut.
Dabei überprüfen die Gruppen beispielsweise Fehlermöglichkeiten und -häufigkeiten, erstellen Effizienzanalysen oder loten die Warenströme aus. "Ziel ist es, die Produktion weiter zu optimieren", erklärt Professor Wittmann. Gerade kleinere und mittlere Unternehmen hätten häufig Probleme, sich solchen Prozessen zu stellen. "Dabei ist das besonders wichtig, denn kommt es zu einer Krise, können sie so viel schneller reagieren und sind stabiler."
Frank Schwarz kann das durchaus bestätigen. So hat ein Studententeam einfach einmal die Lagerhaltung überprüft: Welche Materialien sind in welcher Anzahl vorrätig? Wie lange dauert die Bestellung von Material? Was kosten die einzelnen Bestandteile? "Schon so konnten wir einige Fehler bei uns ausmerzen. Ein wichtiges Bauteil hatten wir zu häufig auf Lager und viel zu teuer eingekauft." Die gut 2000 Euro, die der Studiengang kostet, sind so schnell wieder eingespielt.
Ganz andere Arbeit


In einem anderen Projekt wurden die Maschinenlaufzeiten der Firma in Sachsen-Anhalt dokumentiert. "Mit minimalem Mehraufwand konnten wir so nachweisen, wie oft die Maschine ausfällt und daraus Vorteile beim Hersteller erwirken", sagt Schwarz.
Doch nicht nur für Firma und Mitarbeiter ist der Studiengang eine große Chance. Auch die Studenten profitieren von den Projekten. Stefan Rauen, achtes Semester, Wirtschaftsingenieur, ist begeistert: "Die Arbeit ist einfach ganz anders als das reine Studium. Zuerst wusste ich gar nicht, wo wir angefangen sollten, aber mit Hilfe von Frank Schwarz haben wir uns schnell zurechtgefunden."
Gökhan Yazizi, achtes Semester, gleicher Studiengang, erklärt, die erste Aufgabe sei immer das Datensammeln, um sich eine Basis zu schaffen. Zweimal hat Schwarz mit den acht bis zwölf Studenten das Werk in Sachsen-Anhalt besucht. Den vier Tagen Arbeitseinsatz folgten zu Hause rund 100 Stunden, um die Daten auszuwerten und zu interpretieren. Für Alexander Korn, neuntes Semester, ist die Mischung eine tolle Erfahrung: "Das ist eher mein Ding, ich brauche den praktischen Bezug."
Vorlesung im Unternehmen


Professor Armin Wittmann versucht, bei seinen Angeboten den Praxisbezug zu fördern. "Ich halte häufiger Vorlesungen bei regionalen Unternehmen", erzählt er. So konnten sich Studenten im Walzwerk beim Trierer Stahlwerk die Technik vor Ort ansehen oder auch bei der Kunstgießerei Plein in Speicher.
Der neue Studiengang, den die Hochschule in Trier anbietet, richtet sich vor allem an Mitarbeiter in kleinen und mittleren Industrieunternehmen. Erste Erfahrungen hat die Hochschule bei einem Projekt gesammelt, das vom Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert wurde. In 38 Projekten haben mehr als 120 Studenten dazu beigetragen, dass Prozessabläufe in regionalen Firmen verbessert wurden (der TV berichtete). Mit dem Zertifikatsstudiengang soll diese Basisarbeit nun fortgeführt werden.

Interessierte können sich bei Professor Wittmann, E-Mail: a.wittmann@fh-trier.de melden.

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