Kenntnis über Kunden, Kollegen und Kniffe

Bitburg/Daun · Wer als Unternehmer keinen Nachfolger aus der eigenen Familie hat, muss sich anderweitig umschauen. In vielen Fällen kommen erfahrene Mitarbeiter zum Zug, die die Kunden, Kollegen und Kniffe im Betrieb kennen. Zwei Beispiele aus der Eifel.

 Josef Ewen (links) und Ehefrau Marie-Luise übergeben nach 47 Jahren ihren Metzgereibetrieb an Guido Klassen (rechts) und dessen Ehefrau Nicole. Guido Klassen musste sich nicht groß umstellen, arbeitet er doch seit mehr als 20 Jahren in der Bitburger Metzgerei, die er nun selbst leitet. TV-Foto: Klaus Kimmling

Josef Ewen (links) und Ehefrau Marie-Luise übergeben nach 47 Jahren ihren Metzgereibetrieb an Guido Klassen (rechts) und dessen Ehefrau Nicole. Guido Klassen musste sich nicht groß umstellen, arbeitet er doch seit mehr als 20 Jahren in der Bitburger Metzgerei, die er nun selbst leitet. TV-Foto: Klaus Kimmling

Bitburg/Daun. Guido Klassen weiß, was er tut. Er hat das Metzgerhandwerk vor 25 Jahren gelernt, hat Erfahrung gesammelt und in seinem Ausbildungsbetrieb vor langer Zeit die Produktionsleitung übernommen. Nun ist er selbst der Chef - seit er zum August hin die Bitburger Metzgerei Ewen übernommen hat. Der vormalige Betriebschef Josef Ewen musste das Handwerksunternehmen infolge einer Halswirbelverletzung mit 62 Jahren aufgeben.
Fortsetzung der Firmen-Tradition


Doch mit Guido Klassen führt quasi Ewens rechte Hand die Metzgerei weiter. "Die Metzgerei war und ist ein Familienbetrieb", sagt der 41-Jährige. Und das werde sie auch bleiben, ist er sich sicher. "Immerhin arbeitet auch meine Frau im Betrieb. Da ergibt sich das automatisch." Für Klassen selbst hat sich die Frage der Übernahme des 140 Jahre alten und vielfach ausgezeichneten Unternehmens deshalb nicht wirklich gestellt: "Es war klar, dass ich weitermachen wollte", sagt er. Und als Produktionsleiter und als Folge des Hand-in-Hand-Arbeitens in dem Betrieb mit rund einem Dutzend Beschäftigten habe er schließlich auch gewusst, was auf ihn zukommt.
Hürde für Mitarbeiter kleiner


Ein Phänomen, das Lisa Herbrand, Betriebsberaterin bei der Handwerkskammer (HWK) Trier, kennt. Die Hürde, den eigenen Ausbildungsbetrieb weiterzuführen, in dem man Kunden und Kollegen gleichermaßen kenne, sei bei eigenen Mitarbeitern eher gering. "Die teilen die Begeisterung ihres Chefs, kennen Höhen und Tiefen des Betriebes und können das Risiko einer Übernahme recht gut einschätzen", sagt sie. Und Raimund Fisch, Experte für Unternehmensnachfolge bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) ergänzt: "Bei Unternehmerkindern bleibt im Privaten oft ein eher schlechter Eindruck des Unternehmertums hängen", sagt er. So geht laut IHK-Schätzungen zwar rund ein Drittel der Betriebe noch an die nächste Generation der Betriebsinhaber über. Der Anteil derjenigen, die ihren Betrieb später an einen erfahrenen Mitarbeiter geben, liegt jedoch immerhin genauso hoch.
Auch Hermann Konrath ist inzwischen sein eigener Chef. Der des Dauner Musikhauses Müller mit aktuell zwölf Mitarbeitern. Nach mehr als 20 Jahren im Unternehmen und davon 15 Jahre lang als Betriebsleiter war die Betriebsübernahme schon vorher von langer Hand geplant.
Keine Einarbeitung nötig


"Der ehemalige Inhaber und ich - wir hatten ein gemeinsames Ziel", sagt der 48-Jährige. Eine Einarbeitung war nicht nötig, lediglich Abläufe und Abstimmungen innerhalb des Betriebes sind nun umgestellt. "Die Organisation ist moderner und liberaler. Jeder Mitarbeiter hat mehr Verantwortung", sagt Konrath. Immerhin 1750 Orchester und Musikvereine sowie fast 2000 Bands, darunter auch bundesweit bekannte Kölner Mundart- und Karnevalsbands, nennt das Musikhaus selbst als seine Kunden. Nicht nur, dass man in dem Betrieb alle bekannten Instrumente von der Geige bis zur E-Gitarre in den drei Proberäumen testen kann - dafür reisen Kunden aus Köln, Bonn, Luxemburg, Koblenz und Saarbrücken an. Neben Beschallungsanlagen hat das vor 34 Jahren gegründete Unternehmen auch eine eigene Werkstatt. "Wir haben viele Spezialisten als Mitarbeiter", sagt der Chef, die auch den Online-Shop fachlich unterstützen. So legt Hermann Konrath etwa Wert darauf, dass alle Mitarbeiter im Internet mit Foto und Durchwahl zur Verfügung stehen und damit direkt ansprechbar sind. Auch dies bedeutet für ihn Mitarbeiterverantwortung: "Als Mitarbeiter muss ich in einem Betrieb Kompromisse eingehen, als Inhaber habe ich zwar andere Risiken, aber auch neue Möglichkeiten." Die weiß Konrath mit seinem Betrieb zu nutzen: Schließlich gehen Instrumenten-Bestellungen regelmäßig an die Deutsche Botschaft nach Südafrika, an die deutsche Schule in Ecuador und nach ganz Europa.
Im letzten Teil zur Unternehmensnachfolge lesen Sie, warum es immer mehr Interessenten außerhalb der Region gibt, die hier eine Firma übernehmen möchten.

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