Landwirte wollen mehr Ackerfläche behalten

Trier · Wind, Regen und Sonne, der hektische Weltmarkt - für Landwirte gibt es heute viele unsichere Variablen, die das Geschäft beeinflussen. Entsprechend wichtig sind für die meisten Bauern die Direktzahlungen der EU. Ungefähr 220 Millionen Euro fließen jährlich nach Rheinland-Pfalz. Doch von 2014 an soll sich einiges ändern.

Nach EU-Plänen sollen sieben Prozent Ackerfläche stillgelegt werden. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Nach EU-Plänen sollen sieben Prozent Ackerfläche stillgelegt werden. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Trier. Vor fast genau 50 Jahren haben sich Frankreich, Italien, die Beneluxstaaten und Deutschland auf die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) geeinigt. Seitdem gab es für die Landwirte viele Veränderungen. Nun steht diese gemeinsame Politik erneut vor einem Einschnitt. Nach 2013 wird die GAP für die Jahre 2014 bis 2020 festgezurrt. Der Haushaltsansatz soll nach jetzigem Stand auf etwa 60 Milliarden Euro eingefroren werden. Diese EU-Direktzahlungen sichern nach Angaben des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau bei den derzeitigen Marktpreisen etwa 50 Prozent des Einkommens eines bäuerlichen Familienbetriebs ab.
Die Vorschläge von EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos (42/Rumäne) drehen sich aber nicht nur ums Geld. Die Landwirte haben deshalb derzeit einiges zu diskutieren. Die wichtigsten Punkte:
Ein Plan betrifft das sogenannte Greening. 30 Prozent der Direktzahlungen sollen in Zukunft mit Extraauflagen versehen werden. Zu den Vorgaben gehören etwa die dreigliedrige Fruchtfolge und ökologische Auflagen sowie der einzelbetriebliche Erhalt des Dauergrünlandes. Besonders kritisch wird aber bereits die Forderung diskutiert, dass die Landwirte sieben Prozent des Ackerlandes aus der Produktion nehmen sollen, wenn sie diesen Anteil der Direktzahlungen erhalten wollen.
Beim Geld sieht es so aus, dass der Agrarhaushalt auf dem jetzigen Stand eingefroren werden soll. Derzeit macht die Landwirtschaft noch etwa 30 Prozent des EU-Haushalts aus, plus elf Prozent für die Entwicklung des ländlichen Raumes. 1985 gingen noch 70 Prozent und 1990 noch 60 Prozent des EU-Gesamthaushaltes an die Landwirte.
Bei der Verteilung der Mittel erhofft sich der EU-Kommissar dadurch eine größere Gerechtigkeit. Bisher gibt es große Unterschiede zwischen den Direktzahlungen an Landwirte in den einzelnen EU-Staaten. Die sollen fließend angepasst werden.
Große Befürchtungen haben die Verbände und Landwirte in Bezug auf die steigende Bürokratie.
Lob und deutliche Kritik


Michael Horper, Kreisvorsitzender des Bauernverbandes Bitburg-Prüm, sieht deshalb noch einiges an Diskussionsbedarf. "Wir müssen klar und deutlich unsere Bedenken und Sorgen formulieren. Denn wenn auch nicht alles schlecht an den Plänen von Ciolos ist, so gibt es doch einige Ansätze, die wir nicht akzeptieren können." Vor allem die Flächenstilllegungspläne aus Brüssel stoßen in der Eifel auf wenig Gegenliebe. "Sieben Prozent der Ackerfläche aus der Produktion zu nehmen, das ist Irrsinn und würde vor allem die regionalen Pachtpreise weiter anheizen", erklärt Horper. Dies werde wiederum die aktiven Landwirte weiter schwächen.
Auch in Brüssel hat die CDU-Europa-Abgeordnete Christa Klaß schon Protest angemeldet. "Es ist nicht zu verantworten, in Europa, in einer von der Natur begünstigten Zone, bei steigender Weltbevölkerung sieben Prozent der Fläche eines jeden Betriebes obligatorisch stillzulegen." Allein in Rheinland-Pfalz seien im Zeitraum von 1999 bis 2009 täglich drei Hektar landwirtschaftlicher Flächen verloren gegangen. "Das entspricht 4,2 Fußballfeldern", so Klaß. Kritik gibt es aber auch an der Forderung nach einer dreigliedrigen Fruchtfolge. "Da sollen die Landwirte wohl entmündigt werden. Die wissen selbst besser, wie sie ihre Flächen managen müssen", sagt Michael Horper verärgert. Und auch hier sieht er "unnötigen Papierkram" auf die Bauern zukommen.
Bei der finanziellen Ausstattung der Landwirtschaft sehen viele Bauern die Entwicklung mit einem lachenden und einem weinenden Auge. "Es hätte schlimmer kommen können", so ist vielfach die Meinung. Christa Klaß macht aber auch klar: "Das bedeutet von 2014 bis 2020 die gleichen Mittel ohne Inflationsausgleich und das bei einer größer werdenden Europäischen Union: Das bedeutet weniger Geld für den Einzelnen."
Ausweg Ökokonto?


Um vor allem einen Ausweg bei den Flächenstilllegungen zu erreichen, schlägt die EU-Abgeordnete vor, "um es einfacher zu gestalten und um den regionalen Gegebenheiten besser Rechnung zu tragen, könnte doch jeder Mitgliedsstaat oder jedes Bundesland ein sogenanntes Ökokonto führen". Dabei setzt sie auf eine Neuerung: "Erstmals ist das Europäische Parlament hier nach dem Vertrag von Lissabon in der Mitentscheidung. Das bedeutet, das Parlament wird die Vorschläge verändern und dann gemeinsam mit dem Europäischen Rat gleichberechtigt eine Einigung aushandeln." Für die Landwirte die Chance, ihre Einwände vorzutragen.Extra

Die Landwirtschaft in der Region Trier spielt in Rheinland-Pfalz eine bedeutende Rolle. Gut 5200 landwirtschaftliche Betriebe gibt es in den vier Landkreisen und der Stadt Trier, 2000 davon sind Winzer. Die meisten Haupterwerbslandwirte gibt es in Wittlich mit etwa 950 Betrieben. Wie in Trier und Trier-Saarburg (zusammen 750) spielen hier die Winzer eine große Rolle. In Bitburg-Prüm (820 Haupterwerbslandwirte) und Daun (250) sind dies ausschließlich Landwirte, die Viehzucht, Milchwirtschaft und Ackerbau betreiben. Von 1971 an ist die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe von 28 000 auf heute noch insgesamt 5200 Betriebe in der Region Trier gesunken. hwExtra

Im Eifelkreis Bitburg-Prüm schlägt das Herz der rheinland-pfälzischen Milchwirtschaft. 703 Milchbetriebe erzeugen dort mit etwa 42 000 Kühen Milch. Das sind mehr als in Trier-Saarburg (127), Bernkastel-Wittlich (122) und dem Vulkaneifelkreis (215) zusammen. Die 1150 Milchbauern in der Region Trier produzieren jährlich mehr als 460 Millionen Kilogramm Milch. Das sind fast 60 Prozent der in Rheinland-Pfalz erzeugten Milch. Dabei sind die Erzeuger auch noch sehr produktiv. Der durchschnittliche Betrieb erzeugt 400 000 Kilogramm Milch, im Bezirk Koblenz sind es 330 000 Kilogramm (landesweit 30,5 Prozent), im Bezirk Neustadt 300 000 Kilogramm (11,5 Prozent).Extra

Auch bei den landwirtschaftlich genutzten Flächen haben die Landwirte aus dem Eifelkreis Bitburg-Prüm die Nase weit vorn: Insgesamt etwa 80 000 Hektar genutzte Fläche gibt es in Bitburg-Prüm, etwa 36 000 Hektar jeweils in Trier-Saarburg (inklusive Stadt Trier und 4088 Hektar Rebfläche) und im Landkreis Bernkastel-Wittlich (3900 Hektar Rebfläche) sowie 32 000 Hektar im Vulkaneifelkreis. Gut 46 000 Hektar im Eifelkreis sind Grünlandflächen und 33 000 Hektar sind Ackerland. Hierbei fällt der größte Anteil auf Futterpflanzen, nämlich 11 500 Hektar, und davon werden fast 8000 Hektar Nutzfläche mit Silomais bestellt. Beim Weizen sind es 5000 Hektar. hw

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