AG Kopenhagen eingestürzt: Welthandballer arbeitslos

London (dpa) · Auf dem olympischen Parkett war für Mikkel Hansen alles wie immer. Der Welthandballer wurde oft in Manndeckung genommen und warf im zweiten Vorrundenspiel in London trotzdem acht Tore beim 24:23-Sieg von Europameister Dänemark gegen Spanien.

Doch zu Hause geht es drunter und drüber: Seit Dienstag ist der Rückraumspieler arbeitslos. Sein Arbeitgeber, Dänemarks selbst ernannter Vorzeige-Club AG Kopenhagen, ist pleite. Und plötzlich muss sich der Star-Handballer inmitten seiner Gold-Mission auf Jobsuche begeben. „Er hat wohl kein Problem, einen neuen Club zu finden“, sagte Dänemarks Trainer Ulrik Wilbek der Nachrichtenagentur dpa.

Mikkel Hansen ist der einzige Spieler im Team des Europameisters, der noch beim Champions-League-Dritten Kopenhagen unter Vertrag war. „Deswegen ist das kein Problem für uns“, meinte Wilbek. Und Hansen gehe routiniert mit der misslichen Situation um. „Er ist sehr professionell. Er wusste, dass das passieren kann“, so der Trainer.

Doch während sich die Mehrzahl der dänischen Handballer am Dienstagabend entspannt den Fragen der zahlreichen heimischen Journalisten stellte, ließ sich Hansen nicht sehen. „Er ist sehr fokussiert. Er will Gold gewinnen“, erklärte Wilbek.

Wie Hansen, der beim aufstrebenden Club Paris HB im Gespräch ist, stehen auf einmal rund ein Dutzend Spitzen-Handballer auf der Straße. Vor allem der Schwede Kim Andersson ist in einer prekären Situation. Erst im Mai hatte er am Rande des Champions-League-Finales seinen vorzeitigen Wechsel vom deutschen Meister THW Kiel nach Kopenhagen bekanntgegeben. Und jüngst war der Linkshänder mit seiner Familie in sein neues Haus in Ystad gezogen. Seine Rückkehr zum Champions-League-Sieger ist ausgeschlossen. „Kim Andersson ist ein toller Spieler und ein toller Mensch, aber es gibt keine Bestrebungen und keine Kontakte, ihn zurückzuholen“, sagte Geschäftsführerin Sabine Holdorf-Schust.

Die Story hinter der Pleite von AG Kopenhagen ist die eines gescheiterten Mäzenatentums. Jesper Nielsen, einst Besitzer einer florierenden Modeschmuck-Kette (Pandora), wollte sich mit Millionenbeträgen den Traum vom Champions-League-Sieg erfüllen. Zuerst investierte er mit mäßigem Erfolg in den Bundesliga-Club Rhein-Neckar Löwen, dann pumpte er den Verein Albertslund/Glostrup mit riesigem Geldeinsatz auf. Er kaufte Weltklassespieler wie Hansen, Andersson, den Isländer Olafur Stefansson oder Dänemarks Torhüter Kasper Hvidt. „Es bleibt ein großer Haufen Verlierer“, kommentierte die Zeitung „Berlingske Tidende“ den Kollaps.

Dem rasanten Aufstieg binnen sieben Jahren folgte nun der Absturz. Nielsen trat Anfang Juli als Club-Chef zurück und wollte seine Anteile an der Gesellschaft verkaufen, fand aber keinen Abnehmer. Nach dänischen Medienberichten vom Dienstag waren noch keine Juli-Gehälter gezahlt worden. Nielsen soll in großen finanziellen Schwierigkeiten stecken. „Das Luftschloss ist eingestürzt“, schrieb die Tageszeitung „Ekstra Bladet“.

In den Verbänden hat derweil hektische Betriebsamkeit eingesetzt. Die Lizenz für die dänische Liga geht zurück auf den Verein Albertslund/Glostrup, der in der 2. Division neu anfangen muss. Wer den Platz von AG Kopenhagen in der Champions League einnehmen wird, will die Europäische Handball-Föderation (EHF) an diesem Donnerstag bekanntgeben.

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