Eiskalte Kielerin

New York · Schon zum dritten Mal in diesem Jahr hat die Kielerin Angelique Kerber der Doppel-Olympiasiegerin Venus Williams ihre Grenzen aufgezeigt. Und wieder war es eine Achterbahnfahrt der besonderen Güte, bis das 6:2, 5:7, 7:5 nach 2:45 Stunden feststand.

New York. Aus der hitzigen Arena ging es erst einmal ins Eisbad. Nach dem aufregenden Auf und Ab kochten die Emotionen - und die Tennisfans im riesigen Arthur-Ashe-Stadion konnten sich nur langsam beruhigen, dass Angelique Kerber das Heimspiel von Venus Williams bei den US Open bereits in der zweiten Runde beendet hatte.
Im eisigen Becken konnte die 24-Jährige für einen Moment regenerieren und die Partie Revue passieren lassen. Da waren die vielen schwachen Punkte, die sie und die zweimalige Siegerin der US Open gespielt hatten. Aber auch die Nervenstärke und das Nie-Aufgeben. "Ich hatte die Spiele im Kopf, bei denen ich Matchball gegen mich hatte und doch noch das Match gedreht habe", erzählte Kerber, nachdem sie dem Eisbad entstiegen war.
Im zweiten Satz hatte sich das vor allem wegen der Aufschlagsschwäche von Venus Williams einseitige Match plötzlich gewandelt. Nun zitterte die 32-Jährige nicht mehr bei eigenem Service, sondern begann, ihre ganz besondere Stärke zu entwickeln. Erst zum 1:2 im zweiten Satz brachte sie das erste Mal ihren Aufschlag durch.

Amerikanerin gelingt nur ein Ass


Bis dahin allerdings hatte sie sich erschreckend unbeholfen angestellt. Vergeblich waren die Versuche, Kerber mit unterbrochenen Aufschlagversuchen aus der Fassung zu bringen. "Da war ich drauf vorbereitet", sagte die an sechs gesetzte Vorjahres-Halbfinalistin kaltschnäuzig. "Das macht Venus immer so. Jeder hat seine Rituale."
Die Sperenzchen verhinderten die desaströsen Zahlen nicht: Nur ein Ass gelang Venus Williams - wie Kerber. Aber 16 Doppelfehler produzierte sie (Kerber fünf) und 60 sogenannte unerzwungene Fehler (Kerber 25). Im ersten Satz trafen nur 36 Prozent ihrer ersten Aufschläge ins Ziel. Peinlich für die Aufschlag-Granate, die spielend über 200 Stundenkilometer schnell servieren kann.
So ganz unbeeindruckt war Kerber aber nicht. Auf jeden Fall beschlich sie zum Ende des zweiten Satzes ungeahnte Nervosität. Auch die Behandlung einer dicken Blase am rechten Fuß brachte die verloren gegangene Ruhe und Souveränität nicht zurück. Die Folge: "Ich war zu defensiv und nicht mehr aggressiv genug." Doch Kerber wusste, dass sie sich darauf verlassen kann, dass im dritten Satz sowieso alles gut wird. Von den 21 Partien dieses Jahres, die über die volle Distanz gingen, hatte sie vor dieser Zweitrundenpartie 18 gewonnen. Was also sollte schiefgehen?
In der dritten Runde trifft Kerber nun auf die Weißrussin Olga Goworzowa, die in der Weltrangliste auf Platz 67 notiert wird.

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