Verhaltener Protest beim Gastauftritt des Bischofs

Trier · Deutschland-Premiere: Bei der zentralen 1.-Mai-Feier des DGB Rheinland-Pfalz am Dienstag im Trierer Palastgarten trat erstmals ein katholischer Bischof als Gastredner einer Gewerkschaftskundgebung auf.

Trier. Der Trierer Oberhirte Stephan Ackermann sah in seinem Auftritt aber "nichts Außergewöhnliches". In Anspielung auf den Veranstaltungsort, zur Heilig-Rock-Wallfahrt aufgebaute Freiluftbühne im Stadtpark, bezeichnete er es als "ungewöhnlicher", dass Politiker am Ambo sprechen, von dem normalerweise das Wort Gottes verkündet wird - so, wie er es in den Wallfahrtstagen bereits mehrfach an dieser Stelle getan habe. Das rund 1000-köpfige Publikum reagierte mit freundlichem Beifall.
Der DGB-Landesvorsitzende Dietmar Muscheid wie auch Ministerpräsident Kurt Beck stellten die Forderung nach angemessenen Löhnen, sozialer Sicherheit und nach Einführung einer Finanztransaktionssteuer in den Mittelpunkt ihrer Ansprachen: "Wenn ich beim Bäcker Brötchen kaufe, dann zahle ich Umsatzsteuer. Da kann es nicht sein, dass die Zocker an den Börsen ungeschoren davonkommen", betonte Muscheid.
Wie zuvor Muscheid und Triers OB Klaus Jensen sprach sich auch Kurt Beck für einen flächendeckenden Mindestlohn aus: "Es kann nicht angehen, dass etwa eine Friseurin mit einem Stundenlohn von 4,50 Euro abgespeist wird." Der SPD-Politiker bezeichnete es als ebenfalls "skandalös, dass jungen Menschen immer längere unzumutbare Arbeitsverhältnisse zugemutet" und ihnen mit "Dauerpraktika" oder zeitlich begrenzter Beschäftigung Zukunftsperspektiven genommen würden. Auch DGB-Bezirkschef Christian Schmitz sieht großen Handlungs- und Nachholbedarf, denn: "Arbeit ist billig wie Dreck geworden."
Ungeachtet aller demonstrativer Harmonie: Bischof Stephan Ackermann sah sich beim Maifest in Trier auch mit verhaltenem Protest konfrontiert. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) forderte auf einem Spruchband "Arbeitgeber Kirche gib uns unser Recht!" Hintergrund: "Im kirchlichen Bereich gilt das Betriebsverfassungsgesetz nicht", kritisiert GEW-Bezirkschefin Theresia Görgen. Verfassungsmäßig garantierte Grundrechte wie Streikrecht und Religionsfreiheit würden nicht gewährt.
Ackermann ging in seiner Rede nicht direkt darauf ein, verteidigte aber den sogenannten "dritten Weg" (das kircheneigene Arbeitsrecht).
Verpflichtungen der Kirche



Er bezeichnete es allerdings auch als Verpflichtung für die katholische Kirche, Arbeitsbedingungen im Interesse ihrer Beschäftigten zu regeln. In vielen Punkten seien Kirchen und Gewerkschaften "gar nicht so weit auseinander". Ackermann erinnerte an die vor 25 Jahren von seinem Amtsvorgänger Hermann Josef Spital ins Leben gerufene "Aktion Arbeit".
Dem offiziellen Teil der zentralen Landesfeier des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum Tag der Arbeit schloss sich ein buntes Familienfest im Palastgarten an, musikalisch umrahmt von der Trierer Mundart-Band Leiendecker-Bloas. rm.
Extra

Tausende Menschen haben am Dienstag in mehreren deutschen Städten gegen Aufzüge der rechtsextremen NPD demonstriert. Dabei blieb es weitgehend friedlich. In Neumünster (Schleswig-Holstein) nahm die Polizei rund 100 Teilnehmer eines Aufmarsches in Gewahrsam. Im bayerischen Hof ging auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) gegen Rechtsextreme auf die Straße. dpaExtra

Im Gegensatz zu früheren Jahren haben Berlin und Hamburg einen vergleichsweise friedlichen 1. Mai ohne massive Krawalle erlebt. Zwar kam es auch in diesem Jahr zu Zusammenstößen von Polizei und gewaltbereiten Demonstranten. Das Fazit fiel aber positiv aus. "Berlin hat einen fröhlichen und alles in allem auch friedlichen 1. Mai erlebt", sagte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) am Mittwoch. Auch die Hamburger Polizei ist zufrieden. Im Berliner Stadtteil Kreuzberg wurden Polizisten am Dienstagabend von Randalierern mit Steinen, Flaschen und Böllern attackiert. Die Polizei war mit einem Großaufgebot von rund 7000 Beamten im Einsatz. In Hamburg bildeten mehr als 1000 Beamte ein dichtes Polizeispalier, auch die Reiterstaffel war im Einsatz. Fünf Beamte wurden verletzt. Die Polizei nahm 28 Demonstranten fest und 17 in Gewahrsam. dpa

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