volksfreund.de-Archiv: "Höllisch viel los, aber himmlisch"

Trier · Bericht vom 8. November 2010: Zur Heilig-Rock-Wallfahrt 2012 erwartet das Bistum Trier über eine halbe Million Pilger. Mit mehr als doppelt so vielen Besuchern rechnet dagegen der Trierer Chef-Touristiker Hans-Albert Becker: "Das wird weltweit Ausstrahlung haben."

 Chef-Organisator Georg Bätzing präsentiert stolz das Wallfahrtslogo. TV-Foto: Friedemann Vetter

Chef-Organisator Georg Bätzing präsentiert stolz das Wallfahrtslogo. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. "Oft war die Hölle los. Das war wirklich himmlisch." Das sagt der Bischof von Münster, Felix Genn, wenn er sich an die letzte Heilig-Rock-Wallfahrt vor 14 Jahren erinnert. Der spätere Trierer Weihbischof war damals Chef-Organisator der Wallfahrt. Rund 680 000 Pilger strömten an den 28 Tagen, die das Gewand Christi 1996 im Dom öffentlich gezeigt wurde, nach Trier. Mit etwa 700 000 Besuchern hatten die Organisatoren seinerzeit im Vorfeld gerechnet. Dass diese Zahl nicht ganz erreicht wurde, mag der Grund dafür sein, dass Genn-Nachfolger Monsignore Georg Bätzing bei den geschätzten Pilgerzahlen für 2012 lieber etwas tiefer stapelt. "Um die 500 000 werden an den 31 Tagen zwischen April und Mai wohl kommen", glaubt der Wallfahrtsleiter, räumt aber ein, dass Tourismusexperten die Zahl "für viel zu niedrig gegriffen halten".

Einer dieser Experten ist Hans-Albert Becker. Der Geschäftsführer der Trierer Tourist-Information geht davon aus, dass Bätzings Schätzung "viel zu konservativ ist". Es seien mehr Besucher zu erwarten als bei der Wallfahrt 1996 "und auch mehr als bei der Landesgartenschau 2004". Damals zählten die Verantwortlichen 723 000 Besucher.

Beckers Begründung für den seiner Ansicht nach absehbaren Rekordansturm: "Dieses Mal wird weltweit für die Wallfahrt geworben. Und die potenziellen Besucher sind inzwischen deutlich mobiler als noch vor 15 Jahren." Für Trier werde das "eine super Geschichte", freut sich der Chef-Touristiker schon jetzt, "die ganze Stadt wird davon profitieren".

Das hatten sich die Verantwortlichen allerdings auch von der jüngsten Heilig-Rock-Wallfahrt erhofft - und waren anschließend ernüchtert. Zwar gab es 1996 in Trier mehr Übernachtungen als im Vorjahr, aber deutlich weniger als erwartet. Und der Trierer Einzelhandel beklagte anschließend sogar Umsatzeinbußen statt der kalkulierten Mehreinnahmen. Der Grund: Viele Kunden mieden aus Angst vor dem vermeintlichen Verkehrschaos die Stadt.

Auch 2012 würden die meisten Einzelhändler von dem Pilgeransturm nicht profitieren, glaubt Verbandsgeschäftsführer Alfred Thielen: "Die Leute kommen wegen des Heiligen Rocks und nicht zum Einkaufen."

Der Heilige Rock: Der Legende nach hat Kaiser Konstantins Mutter Helena das ungeteilte Gewand Christi von einer (historisch verbürgten) Reise 327 oder 328 ins Heilige Land mit nach Trier gebracht. Was man heute sieht, ist nicht die Reliquie selbst, sondern sie umhüllende Stoffe. Der antike Heilige Rock befindet sich quasi in einem neuen Rock, in einem textilen Reliquiar, ähnlich wie sich "normale" Reliquien oft in einem Metallbehälter eingeschlossen finden. Ab 1196 war der Heilige Rock in einer Kiste verpackt im Ostchor des Trie rer Doms eingemauert. Ans Tageslicht kam er erst wieder am 14. April 1512 auf Drängen Kaiser Maximilians I. Es war der Beginn einer großen Wallfahrtstradition. (rm/sey)

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