Vatikan-Brief zur Rolle der Frau stößt auf Kritik und Lob

Rom/Bonn (dpa) - Das neueste Vatikan-Dokument von Kurienkardinal Joseph Ratzinger gegen feministische Strömungen ist von katholischen Laienverbänden und Politikern scharf kritisiert worden. Der Vorsitzende der Deutsche Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, sprach dagegen von einem „gewichtigen Schreiben“.

Ratzinger verurteilt in dem vom Papst gebilligten 40-Seiten-Papier den „Kampf der Geschlechter“. Der Forderung nach Frauenpriestern erteilt er erneut eine Absage. „Mann und Frau sind von Beginn der Schöpfung an unterschieden und bleiben es in alle Ewigkeit“, heißt es in dem „Schreiben an die Bischöfe der Katholischen Kirche über die Zusammenarbeit von Mann und Frau in der Kirche und in der Welt“. Allerdings forderte Ratzinger zugleich ein Ende der Diskriminierung von Frauen in Gesellschaft und Beruf.

Vor allem bei FDP und Grünen stieß das am Samstag veröffentlichte Schreiben auf ungewöhnlich scharfe Kritik. Das Papier zeige eine „illiberale und vorsintflutliche Realitätsfremdheit“, sagte die familienpolitische Sprecherin der FDP, Ina Lenke, der „Berliner Zeitung“. Die sozialpolitische Sprecherin der Grünen, Ekin Deligöz, fügte hinzu: „Die Kirche ist wohl zwischen Mittelalter und Neuzeit hängen geblieben - dabei sind die Zeiten der Inquisition und der Hexenverbrennung vorbei.“

Das Ökumenische Netzwerk „Initiative Kirche von unten“ (IKvu) erklärte, mit dem Schreiben erniedrige der Vatikan erneut Frauen und reduziere ihre Rolle auf die der Dienstmagd in der katholischen Kirche. „Immer noch setzt der Vatikan auf die gesellschaftlich konstruierten Unterschiede zwischen Mann und Frau und möchte sie bis in alle Ewigkeit zementiert wissen.“ Die Initiative kritisierte vor allem, dass „die berechtigten Bestrebungen von Frauen nach Gleichberechtigung und ihren Anspruch auf Führungspositionen auch in der katholischen Kirche“ versperrt würden. Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) forderte den Vatikan im „Kölner Stadt-Anzeiger“ auf, den Ruf nach Zugang von Frauen zu Führungspositionen „eins zu eins auch in der Kirche umzusetzen“.

Bischofskonferenz-Vorsitzender Lehmann betonte, das Papier zeige die Spannung zwischen den Geschlechtern, die häufig zu Unterordnung und Diskriminierung der Frau führe. Auch werde die Aufgabe der Frau nicht auf die Mutterschaft reduziert. „Die intensive Beschäftigung mit dem Grundgedanken (des Papiers) könnte zu einer heilsamen Herausforderung werden.“

Das Schreiben der Glaubenskongregation kritisiert feministische Tendenzen, die die Verschiedenheit zwischen Mann und Frau vor allem historisch und kulturell erklären, biologische Unterschiede hingegen auf ein Minimum reduzieren. Eine solche Denkweise führe zur „Infragestellung der Familie“, zur „Gleichstellung der Homosexualität mit der Heterosexualität“ und fördere „ein neues Modell polymorpher (vielgestaltiger) Sexualität“. Die Frau besitze „eine tiefgründige Intuition, dass das Beste ihres Lebens darin besteht, sich für das Wohl des anderen einzusetzen, für sein Wachstum, für seinen Schutz. Diese Intuition ist mit ihrer physischen Fähigkeit verbunden, Leben zu schenken.“

Zugleich heißt es, Frauen müssten in der Gesellschaft und in der Arbeitswelt zu „verantwortungsvollen Stellen Zugang haben“ und in der Politik mitwirken können. „Jede Perspektive, die sich als Kampf der Geschlechter ausgeben möchte, ist nur Illusion und Gefahr.“

Der Lesben- und Schwulenverband meinte, das Dokument zeige, um was es sich bei der vatikanischen Glaubenskongregation handele: „Um einen Altherrenclub, der nicht von dieser Welt ist, der die Räder der Zeit zurückdrehen möchte, zurück in voraufklärerische Zeiten.“

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