BODYBUILDING: Wenn Männer Kalorien zählen

WALDRACH. Gewichte stemmen und Kalorien zählen: "Man muss die Muskelfaser durch die Haut sehen", beschreibt Achim Hahn sein Wettkampf-Ideal. Der 27-Jährige aus Waldrach ist zum ersten Mal bei einem Bodybuilding-Wettkampf angetreten und auf Anhieb Rheinland-Pfalz-Meister in der Body-Fitness-Klasse geworden.

Ein Muskelprotz, der sich bewegt, als hätte er Rasierklingen unter den Armen? Achim Hahn lacht. "Nein, nein", sagt der Sportler aus Waldrach (Kreis-Trier-Saarburg): In der Body-Fitness-Klasse, in der der 27-Jährige bei den Wettkämpfen des ältesten deutschen Bodybuilding-Verbands, dem IFBB, kürzlich seinen Titel gewann, kommt es nicht auf schiere Masse an. Im Gegenteil: In dieser Klasse dürfen die Teilnehmer maximal nur so viel auf die Waage bringen, wie ihre Körpergröße in Zentimetern minus hundert ergibt. 80 Kilogramm sind das bei Achim Hahn. "Diese Klasse hat der Verband eingerichtet, damit auch Athleten eine Chance haben, die es auf natürlichem Weg schaffen wollen", erklärt Hahn. Die Fitness-Klasse ist die einzige, in der sich die Teilnehmer Doping-Kontrollen nach olympischen Vorschriften stellen müssen. Die Vorurteile von mit Anabolika aufgepumpten Bodybuildern kennt auch der Waldracher, und er räumt ein: "Bei bestimmten Gewichtsklassen hat man schon den Eindruck, dass es dort nicht immer mit rechten Dingen zugehen kann." Er schätzt die Gewichtsbeschränkung und Doping-Kontrollen in seiner Wettkampf-Klasse. "So muss man halt sehen, dass man sein Gewichts-Kontingent mit natürlichen Mitteln optimal ausnutzt." Sein Wettkampfgewicht bei den Rheinland-Pfalz- und Hessen-Meisterschaften in Butzbach betrug 75,5 Kilo. "Das war noch nicht ganz ausgereizt", findet Hahn, der nach zwei Hessen als bester Rheinland-Pfälzer abschnitt. Auf diesen Wettkampf hat sich Hahn gut vier Monate vorbereitet: Jeden Tag ging er vor oder nach seinem Schichtdienst in einer Fabrik zwei Stunden in einem Studio in Mertesdorf trainieren. Studio-Inhaber Hermann Reuter habe ihn auf die Idee gebracht, sich mal an einem Wettkampf zu beteiligen. Sie begannen systematisch, jeden Tag eine andere Muskelgruppe zu formen und die Ausdauer zu steigern. Ziel ist, das Gewichtskontingent optimal - das heißt mit möglichst viel Muskeln und möglichst wenig Fett - auszuschöpfen. Zudem kommt es den Wertungsrichtern auf einen gleichmäßig durchtrainierten Körper an. Im Januar hat Hahn begonnen, seine Ernährung zu ändern: Reichlich Eiweiß, Fisch, Hühnchen, viel Gemüse und Salat. Gerade mal 1500 Kalorien hat er in den letzten Wochen vor der Meisterschaft zu sich genommen. Wichtig sei darüber hinaus das Entwässern vor dem Wettkampf: "Damit der Körper das Wasser zwischen Haut und Muskelmasse ausscheidet", erklärt Hahn. Mit einem Wettkampfgewicht von 77,5 Kilo trat der Waldracher dann bei den deutschen IFBB-Meisterschaften im süddeutschen Germering an. "Ein Erlebnis", sagt Hahn. Die Teilnehmer hätten sich unter einander sehr gut verstanden. Zehn Männer traten in der Fitness-Klasse zum Posen vor die Jury: Erst das Line-Up, bei dem sich alle Wettkämpfer in einer Reihe aufstellen und in Grundstellung - Muskeln anspannen, Luft anhalten - sich von allen vier Seiten zeigen. Es folgen fünf Pflichtposen, bei denen die Jury Gelegenheit bekommt, unter anderem Bizeps, Doppelbizeps, Trizeps sowie Bauch- und Beinmuskulatur genau zu prüfen. Für die Männer heißt das anspannen, anspannen, anspannen. Hahn, der bei der deutschen Meisterschaft den sechsten Platz erreichte, schildert die Folgen dieser Anstrengung: "Im Anschluss an meine Kür habe ich in einem Räumchen gesessen, hatte Hunger wie ein Bär und konnte eineinhalb Stunden keine Urinprobe für die Doping-Kontrolle abgeben." Doch erst dann durfte er zum feierlichen Bankett ins Hotel. Seitdem isst der Sportler wieder, ohne die Kalorien zu zählen. Auf Käsebrötchen habe er sich am meisten gefreut. Elf Kilo hat er seitdem in wenigen Wochen wieder zugenommen. "Das freut auch meine Freundin. Denn die fand, dass ich kurz vorm Wettkampf eher zickig war."

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