Die Lederhosen sind längst unten

Kann Horst Seehofer die CSU retten? Denn darum geht es bei einer Partei, die schnell an die Grenze der Berechtigung ihrer eigenständigen Existenz kommt, wenn sie keine absolute Mehrheit mehr hat. Kann er sie wieder auf ein Ergebnis von 50 plus X führen?

Die Voraussetzungen sind nicht schlecht - einerseits. Seehofer ist ein echter Bazi, humorvoll, ein wenig durchtrieben und souverän. So einen mögen die Bayern. Allerdings stellt sich die Frage, wie viel von der einstigen CSU es abgesehen von Seehofer noch gibt. Hier beginnt das andererseits. Die Ära Beckstein und Huber zeigte jedenfalls, wie schnell auch die CSU in ihre Einzelteile zerfallen kann. Zuletzt präsentiert sie sich nur noch als Ansammlung konkurrierender Landsmannschaften. Die ungewöhnlichen Geschehnisse beim CSU-Parteitag - die Buhrufe gegen Edmund Stoiber, die Stimmen gegen Peter Ramsauer - zeigten, wie viel Verunsicherung sich inzwischen angesammelt hat. Ohne Erfolg ist eben auch die CSU nur ein ganz normaler parteipolitischer Hühnerhaufen.

Dass sich dieser Erfolg wegen einer Person an der Spitze so schnell wieder einstellt, ist eher fraglich. Denn es gibt strukturelle Veränderungen, die auch Seehofer auf Dauer nicht wird überdecken können. Die jahrzehntelange totale Vorherrschaft der CSU entsprach dem besonderen Charakter des Freistaates. Aber die Zeiten haben sich geändert, und das zieht politische Anpassungsprozesse nach sich. Zuwanderer durchmischen die Bevölkerung und bringen andere Einstellungen mit. Die ökonomische Basis ist vielfältiger als früher, die Menschen sind mobiler. Die Grenzen sind offen. Bayern ist, relativ gesehen, unbedeutender geworden. Und mit ihm die CSU.

Mit Glück und Geschick kann Horst Seehofer den Prozess der Normalisierung der politischen Verhältnisse vielleicht noch einmal bremsen. Auf Dauer aufhalten wird er ihn nicht. Für Bayern ist das nicht schlimm und für den Rest der Republik auch nicht. In schwierigen Zeiten wie diesen ist es eher problematisch, wenn sich ein Bundesland so sehr heraushebt, wie Bayern es unter Stoiber tat. Es wurde bundesweit ja auch eher mit Genugtuung registriert, dass ausgerechnet der Freistaat sich mit seiner Landesbank als erster unter den Schutzschirm des Bundes stellen musste. Zieht den Bayern die Lederhosen aus, singen sie in den Stadien. Das ist nicht mehr notwendig.

nachrichten.red@volksfreund.de

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