Bildung Land will mehr Lehrer und Sozialarbeiter an den Schulen

Mainz/Trier · Nach Brandbriefen gibt der rheinland-pfälzische SPD-Bildungsstaatssekretär zu: Probleme haben zugenommen.

 Reagiert auf Kritik: Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD).

Reagiert auf Kritik: Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD).

Foto: dpa/Andreas Arnold

Es liegen keine leichten Monate hinter dem rheinland-pfälzischen Bildungsministerium. Erst offenbarte eine Studie des Regionalelternbeirats Koblenz, dass jedes Jahr 2,7 Millionen Stunden Unterricht an Schulen im Land ausfallen. Dann mehrten sich Brandbriefe überlasteter Schulen in einer Fülle, dass man schon fast die Post für das häufige Ausrücken in die Mittlere Bleiche in Mainz bemitleiden musste. Bildungsstaatssekretär Hans Beckmann (SPD), der bei der Schulstatistik am Donnerstag mit einer dicken Erkältung die ebenfalls erkrankte Ministerin Stefanie Hubig vertrat, gab zu, dass „Problemanzeigen“ von Schulen zugenommen hätten. „Die Herausforderungen werden immer größer“, meinte der Staatssekretär.

Das Land will daher in der Bildungspolitik draufsatteln. Neue Lehrer, Sozialarbeiter und ein Programm für benachteiligte Schulen sollen her, versprach Beckmann. Der Pool an Vertretungslehrern, der in den kommenden Monaten auf 1500 wachsen soll, werde im neuen Schuljahr weiter erhöht, sagte der Staatssekretär. Konkrete Zahlen, wie stark das Land die Stellen aufstocken will, äußerte er aber genauso wenig wie bei den ­Schulsozialarbeitern, die kommunale Aufgabe seien. Aber: Viele Träger investierten jährlich vom Land bereitgestellte inklusiv-sozialintegrative Mittel von zehn Millionen Euro in Kräfte, die sich gezielt um Schüler kümmern. 210 Schulsozialarbeiter fördert das Land bislang an 248 weiterführenden Schulen mit Berufsreife. Im neuen Jahr soll auch ein Programm starten, das pro Schule mit 10 000 Euro ausgeschrieben ist und von dem sozial benachteiligte Kinder profitieren sollen. 46 Schulen haben sich dafür beworben.

Kritik entzündete sich an der Unterrichtsversorgung, die nach Angaben des Landes bei 99,2 Prozent liegt. Am besten schneiden dabei die Grundschulen ab (mit 100,6 Prozent überversorgt), am schlechtesten die Förderschulen (96,5 Prozent). Lehrer, Schüler und Opposition im Mainzer Landtag bemäkeln Schönrechnerei, weil die Zahlen wahren Unterrichtsausfall verschleierten. Oliver Pick vom Verband Erziehung und Bildung (VBE) spricht von 4,75 Prozent, die alleine im vergangenen Jahr an Grundschulen nicht wie geplant stattgefunden hätten. „Einem Sportlehrer den Matheunterricht übernehmen zu lassen oder einer Kollegin eine weitere Klasse zur Betreuung an die Hand zu geben – darin sehen wir als VBE keinen qualitativ hochwertigen Unterricht, wie ihn die Ministerin verspricht“, sagt Pick, der eine Eifel-Grundschule in Idesheim leitet.

Max Schmitt von der Landesschülervertretung kritisiert, dass das Land „Stillarbeit“ bei ausgefallenen Stunden zur Unterrichtsversorgung zähle. „Oft sitzen Schüler ohne Material in den Klassen und haben nichts zu tun“, kritisiert er. Reiner Schladweiler, Elternsprecher der Region Trier, sagt, die Statistik des Landes sei „wie gepanschter Wein“. „Da wird vieles zur Unterrichtsversorgung gerechnet, was nicht dazu gehört“, sagt der Temmelser (Kreis Trier-Saarburg). Die CDU im Land fordert mehr Lehrer.

Beckmann verteidigte sich gegen scharfe Kritik. Rheinland-Pfalz besetze Stellen mit ausgebildeten Lehrern und sei nicht – wie andere Bundesländer – auf schlecht ausgebildete Quereinsteiger angewiesen. Der SPD-Politiker geht auch künftig nicht von Lücken aus. Durch das im Wintersemester 2020/21 startende Studium für Grundschullehrer mit 120 Plätzen rechnet Beckmann mit neuen Pädagogen, deren Durchschnittsalter im Land nach dem Saarland und Hamburg mit 44 Jahren am drittjüngsten sei.

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