Kommunaler Finanzausgleich Stadt, Land, Frust - Zerbricht der kommunale Frieden im Land?

Trier/Mainz · Oberbürgermeister loben finanzielle Entlastung durch die Ampelkoalition. Die Kreise wettern.

 Geld kann man nicht genug haben: Das gilt in besonderem Maße für die klammen Städte und Kommunen.

Geld kann man nicht genug haben: Das gilt in besonderem Maße für die klammen Städte und Kommunen.

Foto: dpa/Oliver Berg

Immer mehr Menschen zieht es vom Land in die Städte. Für die Metropolen in Rheinland-Pfalz hat das nicht nur mehr Arbeitskräfte und Einwohner zur Folge – sondern auch höhere Sozialausgaben. Wolfram Leibe, Oberbürgermeister von Trier, rechnet vor, dass alleine bei Kindertagesstätten die Ausgaben der Stadt von 2017 bis 2019 voraussichtlich von 41 auf 50 Millionen Euro steigen werden. „Wir machen das, weil wir von dem Weg überzeugt sind“, sagt Leibe, für den die Städte in Rheinland-Pfalz die höchsten Soziallasten pro Kopf tragen. „Und sie steigen und steigen.“

Leibe appelliert daher an die Landtagsabgeordneten in Rheinland-Pfalz, der neuen Verteilung des kommunalen Finanzausgleichs zuzustimmen, wie sie von der rot-gelb-grünen Ampelregierung geplant ist. Als einer von sechs Oberbürgermeistern, zu denen vor allem die Städte mit mehr als 100 000 Einwohnern gehören, sitzt er am Montag in Mainz, um für das Gesetz zu werben. Das soll besonders den von Sozial­ausgaben arg gebeutelten Städten unter die Arme greifen, neun Millionen Euro mehr soll alleine Trier pro Jahr kassieren, die dann in Projekte fließen können – wie in Kitas. „Ich freue mich auf das Geld“, sagt Leibe. Sofern die Stadt es denn kriegt.

Denn Werben für die Reform ist nötig. Die Landkreise wettern gegen das neue Gesetz, weil sie sich als die großen Verlierer sehen. Sie rechnen vor, dass sie mit dem neuen Ausgleich jährlich 70 Millionen Euro weniger bekommen als erwartet. Die Folge, vor der 24 rheinland-pfälzische Landräte vor wenigen Wochen geschlossen warnten: Dann fehle Geld im ländlichen Raum, um Schulen und Straßen zu bauen.

Nervös fallen daher die Reaktionen aus. Stunden vor der Pressekonferenz der Oberbürgermeister verschicken Landkreistag und CDU-Fraktion schon E-Mails, in denen sie die Einheit der kommunalen Familie beschwören. Günther Schartz, Chef des Landkreistags und Landrat von Trier-Saarburg, sagt auf TV-Nachfrage zum Auftritt der Bürgermeister: „Der Spaltkeil ist schon einmal angesetzt.“

Er kritisiert, dass es einen  gemeinsamen Beschluss der kommunalen Spitzenverbände gibt, zu denen auch der Städtetag zählt. Dort forderten die Gebietskörperschaften vom Land, generell 300 Millionen Euro mehr pro Jahr ins kommunale System zu pumpen. Nun sieht er erste „Abkehrtendenzen“. Und Schartz, der zugleich Landes-Vize der CDU ist, hat noch einen anderen Verdacht hinter dem geschlossenen Auftritt der SPD-Bürgermeister in Mainz, der nicht etwa eine offizielle Veranstaltung des Städtetags war: „Es ist schade, dass sich da einige haben politisch instrumentalisieren lassen“. Das sagt Schartz mit Blick auf die SPD-geführte Ampelkoalition.

Wolfram Leibe widerspricht solchen Vorwürfen. „Ich sehe keinen Bruch in der kommunalen Familie“, sagt er. Es gehe um Gerechtigkeit. In Städten kommen auf 1000 Einwohner gut 20 Empfänger von Sozialleistungen, in Kreisen 14, rechnet der Trierer vor. Alle Probleme könne das Geld nicht lösen, gibt er angesichts eines Schuldenbergs zu. Ein Anfang sei es aber. „Es bringt nichts, sich nun zu verhakeln und am Ende keine Lösung zu haben.“

Durchaus könnte die Oberbürgermeister auch die Sorge angetrieben haben, durch den Druck der Landräte am Ende doch mit leeren Händen dazustehen, zumal das Gesetz nach den Sommerferien in den parlamentarischen Prozess geht. Der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling sagt: „Wenn ein Landtagsabgeordneter in der Zeitung liest, dass nicht alles falsch ist, ist das auch mal ein Signal.“

Zugleich gibt der Trierer Oberbürgermeister Einblicke in sein Seelenleben. Die Stadt plane gerade den Doppelhaushalt für 2019/20, mit dem frischen Geld des Landes rechne er fest. „Andernfalls würde das die Motivation im Stadtrat gewaltig dämpfen.“

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