Atomarer Poker

Längst war es ein offenes Geheimnis, was Nordkorea nun offiziell verlauten ließ: Das Land am 38. Breitengrad verfügt über Atomwaffen. Ob ein, zwei oder mehr, ist egal. Schon eine Nuklearwaffe in den Händen des unberechenbaren kommunistischen Diktators Kim Jong Il und seiner Militärs reicht für eine Destabilisierung Ostasiens.

Die Träume Südkoreas, das seit Jahren auf Schmusekurs die Annäherung an die Brüder in Pjöngjang sucht und sich offiziell immer noch im Kriegszustand mit ihnen befindet, zerplatzen endgültig wie eine Seifenblase. Und das in einer Zeit, in der die USA ihr militärisches Engagement im Süden zurückfahren. Die Nordkoreaner sind nicht die Ersten, die "Selbstverteidigung" als Argument für Atomwaffenbesitz ins Feld führen. Doch Nordkorea ist alles andere als ein harmloser, netter Nachbar, der seine Flinte erst herausholt, wenn Einbrecher sich an der Hintertür zu schaffen machen. Wer Raketen über Japan hinweg feuert und Atominspekteure des Landes verweist, wer eine Armee von über einer Million Soldaten unterhält und Waffen in alle Welt exportiert, während das eigene Volk drangsaliert wird und Hunderttausende an Hunger sterben, verdient Argwohn. Diktator Kim spielt mit der atomaren Karte ein As im Erpressungspoker um Macht und Wirtschaftshilfe aus. Die USA wissen nur zu gut, dass Angriff oder Invasion keine Optionen sind. Auch wenn die Beispiele Iran und Nordkorea nicht Schule machen dürfen, ist das Risiko für die USA unkalkulierbar - und Öl lockt in Nordkorea auch nicht. China und Russland sind gefordert, den ungeliebten Nachbarn aus der Isolation zurück an den Verhandlungstisch zu holen. Mehr denn je sitzt das Land der Morgenstille auf einem Pulverfass. j.engbrocks@volksfreund.de

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