Clinton macht Jagd auf Super-Delegierte

Nur noch 24 Stunden waren es gestern bis zum Ende der Vorwahl-Serie in den USA. Doch trotz ihres klaren Delegierten-Rückstandes - der sich heute bei Abstimmungen in Montana und South Dakota aufgrund der Favoritenrolle von Barack Obama nicht verringern dürfte - zeigt sich Hillary Clinton weiter verbissen-trotzig.

Washington. Die frühere First Lady erhöhte am Montag noch einmal den Druck auf die sogenannten Super-Delegierten - vor allem jene, die sich bereits für ihren Kontrahenten ausgesprochen haben. "Das Wichtige an Super-Delegierten ist doch, dass sie ihre Meinung auch wieder ändern können", meinte Clinton. Die Argumente dafür hält sie auch gleich parat. Seit dem allgemein erwarteten Erfolg in Puerto Rico am Sonntag mit 68 zu 32 Prozent weist Clinton darauf hin, dass sie seit Beginn der Vorwahlen im Januar die meisten Stimmen gewonnen habe und also im "popular vote" der Bürger vorn liege: Obama führe nur bei der Delegiertenzählung. Dass Letztere allerdings den Wahlregeln entsprechend das einzig ausschlaggebende Kriterium für eine Nominierung ist, sagt Clinton wohlweislich nicht. Und sie verschweigt auch andere Details, die ihre Aussage zur Milchmädchen-Rechnung machen. Denn Clinton zählt auch die Ergebnisse von Florida und Michigan mit, die nach einem Parteibeschluss eigentlich gar nicht berücksichtigt werden sollten - weshalb Barack Obama in Michigan gar nicht angetreten war. Clinton hofft bei den Super-Delegierten, die auf dem Parteitag in Denver kraft ihres Amtes ihre Stimme vergeben dürfen, auf den Al-Gore-Effekt. Gore hatte im Jahr 2000 gegen George W. Bush aufgrund des Wahlmänner-Zählsystems das Rennen um das Weiße Haus verloren, obwohl er am Ende bei der Gesamtzahl aller abgegebenen Stimmen vorn lag. Seitdem beklagt man unter Demokraten immer wieder gerne, dass eigentlich Gore das Präsidentenamt verdient gehabt hätte. Doch wie stehen die Chancen, dass sich ausreichend Super-Delegierte hinter Clinton stellen und diese am Ende doch noch nach vorn katapultieren? "Es ist für sie aus und vorbei", waren sich gestern erneut die Kommentatoren von CNN und Fox News einig. Denn die frühere First Lady müsste von jenen rund 200 derzeit als unentschlossen geltenden Super-Delegierten rund 175 hinter sich bringen, um zumindest mit einem mittlerweile siegesgewissen Barack Obama gleichzuziehen. Da man jedoch allgemein erwartet, dass die Unentschlossenen sich hinter den Kandidaten scharen werden, der nach dem Ende der Vorwahlrunde in der Delegiertenzählung führt, hat Clinton denkbar schlechte Karten für ein Comeback. Ein solches käme vielmehr einem Wunder gleich. Deshalb, so heißt es, berate Hillary Clinton derzeit intern über drei Optionen: 1. einen Ausstieg in dieser Woche, 2. eine Suspendierung der Kampagne mit der Option, dann wieder verfügbar zu sein, wenn sich plötzliches Negatives aus Obamas Vergangenheit ergäbe, 3. einen Kampf bis zum Parteitag Ende August, um dann den genannten Florida-Michigan-Beschluss anzufechten sowie erneut an die große Mehrheit der Super-Delegierten zu appellieren: Wählt mich und wechselt das Lager, sonst verliert die Partei im November.

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