Die Kritiker in der Union sind milde gestimmt

Berlin · Der CDU-Bundesausschuss hat sich mit sehr großer Mehrheit für die große Koalition ausgesprochen. Auf dem Kleinen Parteitag hat die überwältigende Mehrheit zugestimmt, die Kritiker blieben kleinlaut.

Berlin. Ab und an ist es zum Verzweifeln. Dann blickt Angela Merkel oben auf dem Podium richtig trübe drein und tuschelt mit Generalsekretär Hermann Gröhe rechts von ihr. Oder Volker Kauder, der auf der anderen Seite sitzt, poltert einfach dazwischen, wenn ein Redner sich mal wieder inhaltlich verrannt hat und den Unionserfolg bei der Lebensleistungsrente einfach der SPD zuschiebt. "Mein Gott", stöhnen dann auch die Delegierten. Auf dem kleinen Parteitag der CDU in Berlin debattiert die Union den schwarz-roten Koalitionsvertrag mit ungewohnter Leidenschaft. 30 von rund 180 Delegierten melden sich zu Wort. Doch gefährlich wird es für Angela Merkels Bündnisplan zu keiner Zeit.Viel Wallung im Vorfeld


Manch einem, der in die Drehtür des Hotels Interconti hineingeht, scheinen Schwung und Biss irgendwie abhanden gekommen zu sein, als er wieder rauskommt und vor einem Pulk von Kameras steht. Zum Beispiel den Jungen, die im Vorfeld des "Bundesausschusses" ein eigenes Manifest verfasst hatten. Über 50 haben es unterschrieben. Zu einseitig seien die Belastungen für die junge Generation in der schwarz-roten Vereinbarung, die große Koalition müsse eine "Agenda 2020" auf die Beine stellen, steht in dem Papier. Aufruhr bei der CDU, der Blätterwald hat am Wochenende ordentlich gerauscht.Gefahr der Trägheit


Doch jetzt sagt einer der Initiatoren, der Gesundheitsexperte Jens Spahn: "Ich halte den Kompromiss für tragfähig." Man habe nur vor der "Gefahr der Trägheit" einer großen Koalition warnen wollen. Ein anderer Unterzeichner betont plötzlich: "Mir fehlt nichts." Und dann ist auch nur noch von Appell, Anregung, "wichtigen Hinweisen" für die Parteispitze die Rede. Nein, der vermeintliche Sturm entpuppt sich als einer im Wasserglas. Eine Unionsfrau, die schon lange dabei ist und die Rituale kennt, erklärt die ganze Aufregung so: "Da wollten sich welche in Erinnerung bringen." Dass dadurch jedoch der Eindruck einer lebendigen Partei entstanden ist, die um Inhalte ringt, kommt der Parteispitze nicht ungelegen. In der jetzigen Situation helfe die zur Schau gestellte Unzufriedenheit mit einzelnen Ergebnissen zudem auch der SPD-Führung, "dass sie ihren Mitgliederentscheid gewinnt".
Der Chef des Wirtschaftrates, Kurt Lauk, hält eine fahrige Rede, kaum eine Hand rührt sich danach zum Beifall. Carsten Linnemann, Vorsitzender der Mittelstandsvereinigung, lobt die Kanzlerin sogar dafür, dass sie bei den arbeitsmarktpolitischen Instrumenten "wichtige Stoppschilder" aufgestellt habe. Da aber "hier und da" Deutschlands Erfolg aufs Spiel gesetzt werde, enthalte er sich der Stimme. Die Kritik verhallt also, am Ende wird der Vertrag einstimmig bei zwei Enthaltungen angenommen. Angela Merkel erklärt zum Schluss, der kleine Parteitag habe gezeigt, "dass da viele mitdenken". Nun ist nur noch die SPD am Zuge.Extra

Wenn alles glatt läuft, kann Angela Merkel (CDU) am 17. Dezember zum dritten Mal in Folge im Bundestag zur Kanzlerin gewählt werden. Die CSU hat bereits am 29. November mit ihrem Parteivorstand und den Bundestagsabgeordneten den Koalitionsvertrag gebilligt. Nach dem Beschluss des CDU-Bundesausschusses steht noch das Mitgliedervotum der SPD aus. Das Ergebnis soll am 14. Dezember vorliegen. Erst danach sollen Kabinettszuschnitt und Besetzung der Ministerien bekanntgegeben werden. dpa

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