Ein Korb für Bush

Papst Benedikt XVI. beginnt heute eine sechstägige US-Reise. Zum Programm gehören ein Treffen mit Präsident George W. Bush, eine Rede Benedikts vor den Vereinten Nationen und ein Besuch von Ground Zero — dem Ort der Terroranschläge vom 11. September 2001.

Washington/New York. Hunderte Honoratioren aus Kirche und Politik werden sich am Mittwochabend im Weißen Haus an einer festlich gedeckten Tafel niederlassen, wenn der US-Präsident zu Ehren von Papst Benedikt XVI. zum Gala-Dinner bittet. Doch wenn die Gläser zum Toast erhoben werden, fehlt die wichtigste Person. Denn der Heilige Vater gibt dem mächtigsten Mann der Welt bei seinem ersten USA-Besuch einen Korb - und trifft sich in der Botschaft des Vatikans an seinem 81. Geburtstag lieber mit US-Kardinälen und Bischöfen zum Gedankenaustausch und Abendessen. Eine Retourkutsche des Papstes, der mit George W. Bush vor allem beim Thema Irak-Krieg überkreuz liegt? So weit wollen die Offiziellen auf beiden Seiten natürlich nicht gehen. Der Gast aus dem Vatikan habe eben einen sehr anspruchsvollen Terminkalender, erklärte die Stabschefin von George W. Bush am Wochenende. Andererseits versichert man in Kirchenkreisen: Der Papst ist topfit. Die Sprachregelung von Gastgeber und Besucher-Delegation lautet deshalb: Die Priorität des Papstes gelte der Kirche und nicht der Politik. Der Papst kann mit einem wohlwollenden Empfang rechnen: Einer Umfrage zufolge sehen drei Viertel der 65 Millionen US-Katholiken den Besuch, und in der Gesamtbevölkerung übertrifft der Papst mit 52 Prozent die Zustimmungsquote des amtierenden Präsidenten (32 Prozent) bei weitem. Und das, obwohl Benedikt XVI. mit seinen klaren Positionen zur Abtreibungsfrage, Sterbehilfe und Homo-Ehe gerade für die Liberalen in Amerika ein rotes Tuch darstellt und seine Ansichten als "nicht verhandelbar" präsentiert hat. Schon die Reiseplanung zeigt das Bemühen des Vatikan, den Papst möglichst aus den Niederungen der Tagespolitik und aus dem US-Präsidentschaftswahlkampf herauszuhalten. So sind auch keine Treffen des ausgezeichnet Englisch sprechenden Papstes mit den jeweiligen Präsidentschaftskandidaten geplant. Willkommens-Empfang mit 12 000 Gästen

Dennoch gibt es Zeit und Gelegenheit für ein persönliches Näherkommen - vor allem beim Empfang auf dem südlichen Rasen des Weißen Hauses am Mittwochvormittag. Bei dieser formellen Willkommens-Zeremonie mit Kurzansprachen von Bush und Benedikt XVI. werden bis zu 12 000 Gäste erwartet - darunter auch die Spitzen der US-Politik mitsamt den Senatoren Hillary Clinton, Barack Obama und John McCain. Im Anschluss an den Freiluft-Empfang bittet dann George W. Bush, der den Papst heute auf dem Luftwaffenstützpunkt Andrews abholen wird, zum Gespräch im kleinen Kreis. Die rund 5000 Reporter aus aller Welt dürften im Übrigen jedes Wort des Heiligen Vaters während des sechstägigen Besuchs auf die Goldwaage legen und auf ihre Relevanz zu aktuellen politischen Fragen abklopfen. Vor allem der UN-Auftritt am Freitag in New York wird mit Hochspannung erwartet.

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