Ist der Friede nur ein frommer Wunsch?

TRIER. Gibt es eine Legitimation für Krieg? Vor dem Hintergrund der sich zuspitzenden Irak-Krise legt der Trierer Bischof Dr. Reinhard Marx in seinem Gastbeitrag für den TV ein klares Bekenntnis für den Frieden ab.

Die Fronten sindklar: Die einen wollen Saddam Hussein mit einem Kriegausschalten, die anderen lehnen das ab, weil sie noch andereOptionen für möglich halten. Es geht um viel: Das Leben TausenderUnschuldiger ist in Gefahr, es geht aber auch um den Stellenwertder Vereinten Nationen. Kann die Völkergemeinschaft Konfliktezwischen Staaten regeln oder ist sie letztlich doch Spielball derMacht, die sich durchsetzen kann? Die Position der Kirche ist eindeutig. Die Situation im Irak-Konflikt rechtfertigt keinen vorbeugenden Krieg. Krieg kann nur das absolut letzte Mittel bei einer existenziellen Bedrohung sein. Der irakische Diktator ist ein Verbrecher, dem auch zuzutrauen ist, dass er Attentate in Amerika oder Europa in Auftrag gibt. Aber eine existenzielle Bedrohung kann ich nicht erkennen. Hussein ist militärisch nicht in der Lage, Europa oder Amerika anzugreifen oder auch nur seine Nachbarn zu besiegen.

Nach dem Völkerrecht kann eine legitime Autorität - hier der Weltsicherheitsrat - den Auftrag geben, ein verbrecherisches System zu entmachten. In Afghanistan war das der Fall. Aber auch dann sind enge Kriterien anzulegen. Vor allem ist darauf zu achten, dass dem Krieg ein gerechter Friede folgt. Notwendig ist deshalb also ein politisches Konzept für die Zeit danach. Aber auch dann gilt: Krieg ist "ultima ratio". Es gibt keinen sauberen, gerechten Krieg. Er bleibt ein Übel und sollte eigentlich aus dem Instrumentenkasten der Politik verschwinden. Ein Krieg schafft aus sich noch keinen gerechten Frieden.

Papst Johannes Paul II. hat sich sehr früh in dem Konflikt zu Wort gemeldet und kämpft mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln für den Frieden. In der oben skizzierten Position stehen die Bischöfe geschlossen hinter dem Papst. Wenn es konkret um einen stabilen, gerechten Frieden in der Golfregion und dem Nahen Osten geht, hat nach meiner Einschätzung ein langfristiges politisches Friedenskonzept im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern die zentrale Bedeutung. Anfang des Jahres hatte ich in Israel Gespräche mit Palästinenserführer Arafat und dem israelischen Präsidenten Katsav. Da sehen die Perspektiven im Augenblick nicht gut aus.

In den islamischen Staaten wächst das Gefühl, vom Westen dominiert zu werden. Wir brauchen eine wirkliche Partnerschaft mit den arabischen Ländern, wir brauchen Kommunikation auf gleicher Augenhöhe. Nur so kann man vielleicht die Hoffnung haben, dass sich diese Region auch aus eigenen Kräften politisch in eine demokratische Richtung entwickelt. Friede ist eine Frucht der Gerechtigkeit. Mit Gewalt und reiner Interessenpolitik wird es jedenfalls nicht gehen. Hier hat auch Europa eine besondere Rolle. Aber außenpolitisch ist die EU ja im Augenblick handlungsunfähig.

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