Schul-Debatte wird zur Schlacht der Ideologen

In der Auseinandersetzung um das Ende der Hauptschule und die geplante Realschule plus gewinnt der ideologische Streit die Oberhand. CDU und FDP werfen der SPD vor, sich auf den Weg in die Einheitsschule zu machen.

Mainz. Die von Bildungsministerin Doris Ahnen angekündigte Schulreform hin zu einem zweigliedrigen System wird zum politischen Grundsatzstreit. Die Opposition hielt der SPD-Mehrheit in einer hitzigen Debatte im Landtag vor, mit der Reform eine richtungsweisende Weichenstellung zu überdecken: Die angestrebte Realschule plus sei nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zur Gemeinschafts- oder Einheitsschule. Und dies sei eine bildungspolitische Sackgasse. Ministerpräsident Kurt Beck konterte, dass CDU und FDP mangels eigener Konzepte die Ideologie-Front eröffneten. Diesen Weg will er nicht mitgehen.Ahnens Konzept sieht das Aus für die Hauptschulen vor. Sie werden mit Realschulen und Regionalen Schulen unter dem Dach der Realschule plus zusammengelegt. Diese neue Schulform bietet den Hauptschul- und den Realschul-Bildungsgang nach einer gemeinsamen Orientierungsstufe. Mit den Änderungen soll auf sinkende Bevölkerungszahlen und schwindende Akzeptanz der Hauptschule reagiert werden. Ein Gesetzesentwurf zu den Reformplänen liegt allerdings noch nicht vor. Über Detailregelungen laufen derzeit mit Betroffenen und Verbänden noch Gespräche. Der CDU-Abgeordnete Adolf Weiland kritisierte, das Reformkonzept löse keine inhaltlichen Probleme der Schule. Die Hauptschule solle offenbar einfach verschwinden, gleichzeitig lasse man das Gymnasium "am ausgestreckten Arm" verhungern. Am Ende des Weges sieht er die Einheitsschule. Dies werde die CDU nicht mitmachen, sagte Weiland. Die Union sieht die Reform zudem als Sparkonzept, das auf weniger Schulen mit größeren Klassen hinausläuft.Auch die FDP unterstellte, dass sich Ahnen bei ihren Vorschlägen vom ideologischen Glauben leiten ließ. Die Bundes-SPD habe unter ihrem Vorsitzenden Beck die Gemeinschaftsschule ins Parteiprogramm geschrieben. Die Liberalen sprachen von einer Zwangsfusion von Haupt- und Realschule, die den Andrang aufs Gymnasium noch verschärfe.Nach Überzeugung von Beck hat die Union kein eigenes schulpolitisches Konzept. Genüsslich zitierte er CDU-Generalsekretär Josef Rosenbauer, Landtagsfraktionsmitglieder und Kommunalpolitiker der CDU, die sich für ein zweigliedriges System und teils auch für die Realschule plus ausgesprochen haben. Die Union mache die Ideologiefront auf und hoffe, damit Angst einzujagen, weil sie alleine stehe, ereiferte sich Beck. Laut Ahnen läuft im Land eine konstruktive Diskussion um die Realschule plus. Der polemische Schlagabtausch im Landtag zeigt nach ihren Worten lediglich, dass einige Beteiligte sich mit dem Konzept nicht ausreichend auseinandergesetzt haben. Der nächste Schlagabtausch ist damit programmiert. Meinung Rückfall in alte Zeiten Die Schulrefom kommt in gefährliches Fahrwasser. Klang es vor sechs Wochen noch so, als könnte ohne ideologische Scheuklappen gestritten werden, hat die politische Wirklichkeit diese Hoffnung eingeholt. Über die Realschule plus lässt sich durchaus streiten. Über den Schwenk zur Zweigliedrigkeit und das Aus für die Hauptschule eigentlich nicht mehr. Das wissen auch viele in der CDU. Ihr Griff in die ideologische Kiste ist vielmehr der verzweifelte Versuch, von der eigenen Uneinigkeit abzulenken. Auch die FDP hat keine handfeste Alternative. Was bleibt, ist das alte Lied: Statt mit einem wichtigen Thema sensibel umzugehen, legen sie den groben Klotz auf - und damit werden Schüler, Lehrer und Eltern verunsichert. Ein fataler Rückfall in alte Zeiten. j.winkler@volksfreund.de

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