Schwarzer Peter

Für viele Städte in Deutschland wird es in diesem Jahr eine Überraschung geben. Bürger, die in einer Straße mit hoher Dieselruß-Belastung wohnen, können ihre Kommune verklagen. In den meisten Rathäusern ist das Thema kaum bekannt, wird verdrängt oder nicht ernst genommen.

Doch die Städte sollten begreifen, dass sie den Schwarzen Peter in der Hand halten. Natürlich ist die Auto-Industrie maßgeblich an der Feinstaub-Problematik beteiligt. Während französische Autohersteller schon seit geraumer Zeit Dieselrußfilter sogar serienmäßig anbieten, haben die deutschen Automobilfirmen diese Entwicklung grandios verschlafen. Deshalb soll es nun der Staat mit einer Umwelt- und Wirtschaftssubvention richten: Der Einbau von Filtern oder der Kauf rußarmer Dieselfahrzeuge soll steuerlich begünstigt werden, damit die Luft in den Städten sauberer wird. Doch Bund und Land streiten, wer dafür in Zukunft zuständig ist. Nach der vorerst geplatzten Föderalismus-Reform dürfen die geplagten Anlieger also nicht hoffen, dass die große Politik bald zu Potte kommt. Und so haben Politik und Industrie vorerst den Kommunen den Schwarzen Peter zugeschoben. Doch in den Rathäusern sollte man dies nicht als Gefahr, sondern als Chance begreifen. Auch ohne viel Geld können sinnvolle Verkehrskonzepte eingeleitet werden - ein Aktionsplan muss dringend vorbereitet werden. Wer allerdings hofft, die Sache solange aussitzen zu können, bis er den Schwarzen Peter wieder weiterschieben kann, bekommt vielleicht schon bald vom Gericht diktiert, wie die "Gefahrenabwehr für die Gesundheit" seiner Einwohner auszusehen hat. h.waschbuesch@volksfreund.de

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