Justiz Wenn der V-Mann die Pizzeria empfiehlt ...

Trier · Zwei Mal mit, einmal ohne Bewährung, lauten am Donnerstag die Urteile im Trierer Drogenprozess. Am Ende gesteht auch der Hauptangeklagte.

Welchen Grund mag der Hauptangeklagte bloß für sein Zögern haben? Der 40-jährige Angeklagte wartet mit seinem Geständnis bis zur buchstäblichen letzten Minute. Dabei hatte der Vorsitzende Richter Günther Köhler den Pizzeriabesitzer und mutmaßlichen Drogendealer gleich mehrfach dazu ermuntert, reinen Tisch zu machen. Ermuntert? Eher schon gelockt. „In Ihrem Fall reden wir bei einem Geständnis nicht von Monaten, sondern von Jahren“, hatte Köhler am ersten Prozesstag in Richtung des Angeklagten gesagt. Nicht einmal. Häufiger. Gebracht hat es nichts. Der gebürtige Kosovare schweigt.

Dafür reden seine beiden Neffen. Sie räumen alle Vorwürfe der Staatsanwaltschaft ein. In dem Verfahren am Trierer Landgericht geht es um Drogenhandel im großen Stil. Und es geht um eine Pizzeria mitten in der Trierer Innenstadt, gleich neben der Konstantinbasilika, deren Keller als Umschlagplatz für Marihuana diente. Bis Trierer Drogenfahnder im September vergangenen Jahres dem Spuk ein Ende bereiteten. Seitdem ist das Restaurant Te Basilika, in dem es oben Pizza und unten Marihuana gab, dicht.

In einer von dem Besitzer angemieteten Garage im Trierer Norden stellten die Fahnder knapp 100 Kilogramm Rauschgift sicher; seinerzeit mit einer der größten je in der Region gefundenen Mengen Marihuana. Der Stoff war in Kühlschränken deponiert, die allerdings nicht angeschlossen waren.

Eine Vertrauensperson der Polizei (V-Mann) hatte den Drogenfahndern die Pizzeria „empfohlen“. Die Beamten hörten dessen Telefone ab und installierten heimlich Kameras in der Garage. So konnten sie etwa sehen, wenn etwa einer der beiden Neffen zum Nachschubholen angebraust kam.

Als die beiden strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getretenen Neffen später zum ersten Mal hinter Gittern sitzen, fangen sie an zu plaudern. „Auch wenn es ihnen hörbar schwergefallen ist, gegen die eigene Verwandtschaft auszusagen“, erinnert sich ein Kripobeamter vor Gericht. Ein bisschen davon ist auch am Donnerstag noch zu verspüren, als der jüngste Angeklagte zum Schluss der Beweisaufnahme noch die Möglichkeit bekommt, etwas zu sagen. Da bittet der 21-Jährige die vierköpfige Kammer, das wenn auch späte Geständnis des Onkels positiv zu werten und zu bedenken, dass der 40-Jährige ja auch noch Familie habe.

Das Geständnis des Onkels kommt am letzten Verhandlungstag erst, nachdem Pierre Wolff, der Verteidiger des Hauptangeklagten, die Kammer und der frisch zum Oberstaatsanwalt gekürte Ankläger Eric Samel ein sogenanntes Rechtsgespräch geführt haben. „Der Verteidiger wollte wissen, welche Strafe bei einem Geständnis zu erwarten sei“, klärt der Vorsitzende Richter über das – hinter verschlossenen Türen – nur wenige Minuten dauernde Gespräch später auf. „Sechs bis sechseinhalb Jahre“, lautet die Antwort.

Sie scheint den Angeklagten nach Zureden seines Anwalts zu überzeugen. Der Jurist hätte es lieber gesehen, sein Mandant hätte schon am ersten Prozesstag ein Geständnis abgelegt. Doch da blieb der Pizzabetreiber stumm, obwohl ihm vom Vorsitzenden Richter ein deutlicher Strafnachlass in Aussicht gestellt worden war. „Manchmal ist es schlauer, die weiße Flagge zu hissen und den Rückzug anzutreten“, kommentiert Köhler in der Urteilsbegründung die verpasste Chance des Hauptangeklagten. Doch der Onkel habe taktiert und lieber die Neffen vorgeschickt. „Was ist das für eine Familienehre?“, fragt der Richter.

Die beiden Neffen kommen mit Bewährungsstrafen davon. Der Jüngere will nach dem Fachabi studieren, der Ältere, nachdem er vor nicht allzu langer Zeit geheiratet hat, eine Familie gründen. Eine neuen Job hat er schon gefunden. Der Onkel muss zunächst einige Jahre hinter Gittern bleiben, bevor er darauf hoffen kann, in den offenen Vollzug verlegt und später auf Bewährung entlassen zu werden. Ob ihm dann möglicherweise die Abschiebung in den Kosovo droht, ist am Donnerstag noch unklar.

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