Dem Volk aufs Maul geschaut

BITBURG/BONN. Nicht nur die Rechtschreibung ändert sich dauernd. Auch die im täglichen Umgang miteinander gesprochene Sprache ist im Wandel begriffen. Dieses Phänomen ist Forschungsgebiet von Georg Cornelissen.

Regional gefärbte Alltagssprache. Was ist das? Cornelissen: Das ist unser Dat-und-wat-Deutsch: Man kann hören, woher wir stammen; aber es ist kein Platt. Platt ist für Fremde nicht zu verstehen, das regional gefärbte Alltagsdeutsch wohl. Wenn man unter sich ist, kann die regionale Alltagssprache dasselbe Gefühl von Identifikation und Nähe erzeugen wie Platt. Worin liegen die Unterschiede zwischen Dialekt, Regionalsprache und Hochdeutsch? Cornelissen: Nehmen wir einen Dialektsatz wie "Här es, wat elo los as!" Auf Hochdeutsch: "Hör' mal, was da los ist!" Das Regionaldeutsch lehnt sich ans Hochdeutsche an: "Hör ma, wat da los is!" Aber es ist vom Dialekt geprägt, zum Beispiel bei dat und wat. Bisher haben Sie eher in NRW Sprachfärbungen untersucht. Was ist der Grund für eine Untersuchung in der Südeifel? Cornelissen: Wenn wir von Bonn aus Fragebogenaktionen vornehmen, erhalten wir immer auch Antworten aus der Eifel, auch aus deren südlichen Regionen. Dort hat der Dialekt noch eine deutlich stärkere Position als bei uns in Nordrhein-Westfalen. Was bedeutet das für die regionale Alltagssprache? Entwickelt sie sich in dieselbe Richtung wie bei uns? Wie sprechen die jungen Leute in der Eifel, die ja nicht mehr unbedingt das Platt beherrschen? Das sind einige meiner Fragen. Wie lassen sich die Ergebnisse kurz zusammenfassen?Cornelissen: Das rheinische Deutsch, das junge Leute in Nordrhein-Westfalen heute sprechen, habe ich "Rheinisch light" genannt. Ältere Rheinländer bringen Dialektales stärker ein, ihr Alltagsdeutsch ist kräftiger gefärbt. Manche Wörter und Laute, die dem Platt zu verdanken sind, sind "widerstandsfähiger" als andere, die ausschließlich im Platt verwendet werden. Abber eintlich stehn wer ers am Anfang; übbert Platt weiß man viel, übber unser Alltachsdeutsch noch viel ze wenich. S Dr. Georg Cornelissen, geboren 1954 in Kevelaer am Niederrhein, ist Leiter der Sprachabteilung im Amt für rheinische Landeskunde in Bonn. Die Fragen an Georg Cornelissen stellte TV-Redakteur Harald Jansen

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