Kommunalpolitik Die unerträgliche Langsamkeit des Seins

Bitburg · Viele Projekte in Bitburg gehen nur schleppend bis gar nicht voran. Das ist nicht nur die Meinung vieler Bürger, sondern auch die der Stadtratsfraktionen, wie eine TV-Umfrage zeigt. 

 In Bitburg gibt es viele Projekte, von denen einige nur zäh vorangehen.

In Bitburg gibt es viele Projekte, von denen einige nur zäh vorangehen.

Foto: Uwe Hentschel

Jahr für Jahr vergeht. Und im Bitburger Stadtrat beschäftigt man sich immer wieder mit den gleichen Themen – ohne dass eines davon merklich vorankommt. Ob die neue Kita, die Umnutzung der Housing oder die Galerie am Beda-Platz: Geplant, diskutiert und überlegt wird viel. Aber die Bagger rollen nicht.

Es vergeht kaum eine Ratssitzung, in der dieser gefühlte Stillstand kein Thema ist. Meistens platzt irgendeinem der Räte bei irgendeinem dieser Themen der Kragen. Der Eindruck, nicht so richtig vom Fleck zu kommen, macht sich allen bei Fraktionen breit. Warum es so ist, wie es ist? Die Gründe, die die Fraktionssprecher nennen, sind vielschichtig: Mal liege es an der möglicherweise zu knappen Personalausstattung der Verwaltung, mal an Informationen, die offenbar falsch kommuniziert würden, mal an Plänen, die noch einmal überarbeitet werden müssten, und nicht selten auch an Entwicklungen und Entscheidungen, auf die man als Stadt keinen Einfluss habe. All das führt zu dem Gesamteindruck, dass es in Bitburg zwar viele Baustellen gibt, es auf den meisten aber nicht wirklich vorangeht.

Bestes Beispiel dafür ist für die CDU das Thema Verkehr. „Völlig überraschend stellt man auf einmal fest, dass eine Ansiedlung wie die der Bit-Galerie zu Veränderungen und möglicherweise einer Neustrukturierung von Verkehrsströmen führt“, sagt Michael Ludwig, Fraktionssprecher der CDU. „Die notwendigen Untersuchungen hätten längst in die Wege geleitet werden können“, findet Ludwig, der zudem den Sachstand zum Bau der Kita kritisiert. Ein Projekt, das sich ebenfalls Jahr um Jahr nach hinten schiebt. Es habe einen Unternehmer gegeben, der in kürzester Zeit eine Kita realisieren wollte, doch Ausschreibungsformalitäten hätten das verhindert, sagt Ludwig und erklärt: „Wir würden uns wünschen, dass solche Projekte zügiger und mit Mut angegangen würden.“

Ebenfalls unbefriedigend seien die nach wie vor vorhandenen Probleme mit Kondensationswasser am neuen Dach der Eissporthalle oder aber die Situation beim geplanten Neubau der Feuerwache. „Der Standort könnte lange geklärt sein können“, findet der CDU-Chef. Aber es gebe durchaus auch Dinge, die gut laufen. Wie beispielsweise der Ausbau der Innenstadt. Bitburg sei eine dynamische Stadt mit einer überdurchschnittlichen Entwicklung, resümiert Ludwig. Und dem müsse auch „durch zügige und mutige Entscheidungen Rechnung getragen werden“.

Kritik kommt auch von der Liste Streit: „Wir agieren eigentlich nur, wenn irgendwelche Sachzwänge dazu führen, dass wir uns mit einem Projekt beschäftigen müssen und es nicht noch weiter nach hinten schieben können“, sagt Fraktions-Chef Willi Notte und nennt als Beispiele das Parkhaus Annenhof, die Eissporthalle, die Fußgängerzone oder die Housing. „Was uns komplett fehlt, ist eine Vorstellung von dem, was wir eigentlich langfristig für unsere Stadt wollen“, sagt Notte. Zudem gebe es für Projektierer und Planer oft keine gestalterischen Vorgaben, was dann wie im Fall der Bit-Galerie dazu geführt habe, dass zwischenzeitlich Pläne vorgelegt worden seien, die mit den vorherigen im Rahmen eines Gestaltungsdialogs getroffenen Absprachen nichts mehr zu tun gehabt hätten.

„Ich habe den Eindruck, dass die Verwaltung der Stadt und einige andere Behörden bei vielen Projekten den Schneckenmodus einschalten“, fndet FBL-Fraktionssprecher Manfred Böttel. Wobei das aber nicht nur allein bei den verantwortlichen Mitarbeitern liege. Dennoch gebe es Projekte, die sich seit Monaten, wenn nicht sogar Jahren unnötig verzögerten. Und dazu zählt für Böttel an erster Stelle der Bebauungsplan rund um den Bedaplatz. „Durch ein fehlendes Verkehrskonzept konnte der Bebauungsplan immer noch nicht abschließend beraten werden“, sagt er. Das habe zur Folge, dass für die Bit-Galerie und ein Mehrfamilienhaus in der Gartenstraße keine Baugenehmigungen erteilt werden könnten.

Der Sprecher der Freien Bürgerliste nennt weitere Projekte, bei denen es hakt, wie etwa den Neubau der Feuerwache oder die Einführung wiederkehrender Anliegerbeiträge. Böttel führt aber auch positive Beispiele auf wie den Ausbau der Fußgängerzone, die Sanierung des Mötscher Jugendheims oder aber die planmäßig verlaufenen Brandschutzmaßnahmen im Cascade.

Peter Berger, Fraktionsvorsitzender der Grünen, vermisst bei Bürgermeister Joachim Kandels „klar benannte Visionen und Ziele“. Es fehle an eigenen Vorstellungen, sagt Berger, der darüber hinaus ein Problem in den Großprojekten sieht. Große Phantasieprojekte wie die Bit-Galerie, die nur politischen und wirtschaftlichen Zwecken diene und die Entwicklung der Innenstadt blockiere, bündelten Kräfte in Politik und Verwaltung, die dann in der Umsetzung der Daseinsvorsorge nicht mehr zur Verfügung stünden. Zudem würden immer mehr Arbeiten in Planungsbüros ausgelagert. „Das führt dann dazu, dass, wenn Ausschüsse und Rat etwas anders haben möchten, dies erstmal wieder zu den Planungsbüros getragen werden muss.“ Bergers Fazit: „Unsere Verwaltungsmenschen sind also nicht wirklich verantwortlich, sondern nur vermittelnd. Das verschleppt natürlich alles.“

SPD-Fraktionsvorsitzende Irene Weber findet: „Es laufen sehr viele Projekte und die Mitarbeiter der Verwaltung tun ihr Bestes, um die Projekte, voranzutreiben.“ Leider aber seien die betroffenen Abteilungen unterbesetzt oder durch Krankheitsfälle geschwächt. Auch für sie ist die Situation der Kita in der Alten Kaserne unerträglich. Weber verweist auf zahlreiche andere Projekte, bei denen es nicht vorangeht. Dringenden Handlungsbedarf sieht sie aber aufgrund der notwendigen Vereinbarkeit von Familie und Beruf vor allem bei der Kita und dem Umbau der Grundschule Süd.

„Die Anforderungen an die involvierten Abteilungen sind hoch, die personelle Besetzung wird diesen Anforderungen nicht gerecht“, ist Weber überzeugt. Und das führe immer wieder zur externen Beauftragung von Sachverständigen, Gutachtern und Architekten, was zum einen teuer sei und zum anderen alles in die Länge ziehe. Zudem kritisiert sie, dass die Mitglieder des Stadtrats bisweilen nur spärlich über Sachstände informiert würden. Wichtig wäre die gemeinsame Entwicklung eines Masterplans „Bitburg 2040“, findet Weber. Ein solcher Plan könnte den Ratsmitgliedern als Leitlinie dienen.

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