Pilotin auf der Airbase Spangdahlem „Ich bin amerikanische Kampfpilotin und ich gebe jeden Tag mein Bestes“

Spangdahlem · Captain Maggie Nicklas ist Pilotin von F-16 Kampfjets auf der Airbase in Spangdahlem. Warum sie fliegt, und wie es als eine von nur zwei Frauen unter lauter Männern ist, hat sie uns erzählt.

 Captain Maggie Nicklas‘ Rufzeichen ist „Trinity“. Sie ist F-16 Pilotin bei der amerikanischen Luftwaffe.

Captain Maggie Nicklas‘ Rufzeichen ist „Trinity“. Sie ist F-16 Pilotin bei der amerikanischen Luftwaffe.

Foto: TV/Anna Hartnack

Zehn Minuten braucht Pilotin Maggie Nicklas, um sich ihre Flug-Uniform anzuziehen, mehr nicht. Anti-G-Hose, Geschirr, Maske, Helm. Jedes Mal, wenn sie sich zum Fliegen bereit macht, flechtet sie sich ihre langen blonden Haare in einen Zopf. So bleiben sie nicht in den Haken ihrer Uniform oder im Flugzeug hängen. Sie hält ein knallbuntes Haarband hoch. “Das ziehe ich auch immer an.” Sie zieht es über ihren Kopf, schiebt es über ihre Stirn. Nun sind auch die letzten paar losen Haarsträhnen unter Kontrolle. “Fertig!“ Jeder Handgriff der 28-Jährigen sitzt. Ungenauigkeiten kann sie sich nicht leisten.

Die Aufgabe von Kampfpilotin Nicklas auf der Airbase Spangdahlem

Captain Maggie „Trinity“ Nicklas ist Kampfpilotin bei der US-amerikanischen Luftwaffe, der US Air Force (USAF). Seit zwei Jahren ist sie auf der Airbase Spangdahlem stationiert. Dort fliegt sie F-16 Kampfjets. Mindestens drei Mal in der Woche hebt sie ab. An den anderen Tagen ist sie für die Team-Leitung am Boden verantwortlich, stellt sicher, dass alle Mitglieder der Flieger-Staffel Training und Schulungen haben. Am Anfang ihrer Karriere in der Air Force als Pilotin habe sie sich an die vielen Teile ihrer Uniform gewöhnen müssen. Vor allem an die Maske über Mund und Nase. Mittlerweile ist ihr jeder Handgriff in Fleisch und Blut übergegangen. Und sie weiß: Im Fall der Fälle können sie ihr das Leben retten.

Spangdahlem ist Nicklas‘ vierte Station außerhalb ihrer Heimat. Aufgewachsen ist sie in Denver im US-Bundesstaat Colorado. Nach ihrer Ausbildung an der Air Force Academy in Colorado Springs in der Nähe ihrer Heimatstadt ging es zuerst auf Stützpunkte in den US-Bundesstaaten Oklahoma und New Mexico, dann zwei Jahre nach Südkorea. Seit zwei Jahren ist sie in Spangdahlem.

An der Air Force Academy (Akademie der Luftstreitkräfte) können junge Amerikaner einen Universitätsabschluss erlangen. Gleichzeitig werden sie zu Offizieren der US Air Force ausgebildet. Sie verpflichten sich, im Anschluss an ihre Ausbildung in der Air Force zu dienen.

Captain Maggie Nicklas tritt in die Fußstapfen ihres Großvaters

Als Nicklas an der Academy begann, wusste sie noch nicht, welchen Berufszweig bei der Air Force sie wählen würde. „In meinem dritten Jahr an der Akademie habe ich bei einem Flugprogramm mitgemacht. Am Anfang lernt man die absoluten Grundlagen des Flugzeugs und des Fliegens“, erklärt Nicklas. Den ersten Flug absolvierte sie zu zweit. Aber dann flog sie das erste Mal solo. „Das werde ich nie vergessen. Es war das Coolste, was ich je in meinem Leben erlebt hatte. Ich habe da oben gesessen und wusste, dass ich genau das machen will.“ Das war 2015 – sie war 21 Jahre alt.

Auf dem Weg zum Jet: Helm und Maske trägt die Pilotin Nicklas in ihrer Tasche zum Cockpit der F-16.

Auf dem Weg zum Jet: Helm und Maske trägt die Pilotin Nicklas in ihrer Tasche zum Cockpit der F-16.

Foto: TV/US Air Force

Was sie schon vorher mit Sicherheit wusste, war, dass sie so werden wollte wie ihr Großvater. „Er war mein Vorbild“, sagt sie. „Als Mensch, als Vater – er war wunderbar.“ Kenneth McFall war Colonel (Oberst) in der US-Armee. Auch er war in Deutschland stationiert. Er hat drei Kriege miterlebt – den Zweiten Weltkrieg, den Koreakrieg und den Vietnamkrieg. Schon als sie ein kleines Mädchen war, sagt Nicklas, wollte sie so sein wie ihr Opa. „Wegen ihm bin ich in die Air Force gegangen.“ Auch ihre Mutter hat ein paar Jahre in Deutschland gelebt, als ihr Großvater hier stationiert war. Bei einer Reise auf den Spuren ihres Großvaters haben sie und ihre Mutter sogar das Haus gefunden, in dem sie als Kind gelebt hatte.

Nur zwei Frauen unter den Piloten in Spangdahlem

Ihr Ehemann ist ebenfalls Pilot – auch er fliegt eine F-16. Kennengelernt haben sie sich in der Piloten-Ausbildung, und schließlich vor vier Jahren in Oklahoma geheiratet. Die beiden fliegen zwar regelmäßig Jets, die 2000 Stundenkilometer auf den Tachometer bringen, aber über die Arbeit reden die beiden nicht so oft, wenn sie zu Hause sind. Stattdessen: Städtereisen, Wandern, Restaurants ausprobieren. Bis jetzt genieße sie jeden Moment in Deutschland, sagt sie. Wenn es auf der Arbeit mal nicht so rund läuft, sprechen sie und ihr Mann die gleiche Sprache. „Wir wissen, wovon der andere redet – da ist es schon gut, dass wir den gleichen Job haben.“

Trotz der vielen Jahre in Kampfjets – Nicklas fliegt F-16 C Model, einen Einsitzer – hat sich keine Routine im Flieger eingestellt. Jeder Tag auf der Base sei anders. Nicht jeden Tag fliegt sie, aber etwa drei Mal in der Woche geht es in die Luft. An so einem Tag geht es morgens zuerst ins Gebäude ihrer Staffel – der 480. Staffel im 52. Air Force Geschwader. Anschließend gibt es für alle Piloten eine Einweisung in die Mission des Tages. „Dann ziehen wir uns um und gehen hinaus zum Jet.“ Die Piloten fliegen ihre Mission – üben für den Ernstfall. Nach der Mission geht es zur Nachbesprechung. „Wir analysieren, was gut geklappt hat und woran wir arbeiten müssen. Das kann auch schon mal den Rest des Tages dauern.“ Das 52. Geschwader ist hauptsächlich auf die Unterdrückung feindlicher Luftabwehr (SEAD - Suppression of Enemy Air Defences) spezialisiert. In der Staffel von Captain Nicklas, der 480., sind etwa 50 Piloten stationiert. Zwei davon sind Frauen.

Die F-16 C ist ein Einsitzer. Captain Nicklas ist drei Mal in der Woche solo unterwegs. „Sobald ich meinen Helm auf habe, sieht man nicht mehr, ob ich ein Mann oder eine Frau bin.“

Die F-16 C ist ein Einsitzer. Captain Nicklas ist drei Mal in der Woche solo unterwegs. „Sobald ich meinen Helm auf habe, sieht man nicht mehr, ob ich ein Mann oder eine Frau bin.“

Foto: TV/US Air Force

Maggie Nicklas war seit der Air Force Academy immer eine der wenigen oder sogar die einzige Pilotin unter Männern. „Ja, ich bin in der Unterzahl“, sagt sie. Aber diese Tatsache spiele in ihrem Alltag keine Rolle. „Niemand hier sieht in mir etwas anderes als einen Piloten wie jeden anderen auch.“ Das sei ihre Erfahrungen auf all den Stützpunkten gewesen, auf denen sie stationiert war. „Worauf es ankommt, ist, dass ich meine Arbeit mache, und dass ich sie gut mache. Das wird hier von allen erwartet.“ Dem Jet sei es schließlich auch egal, ob sie eine Frau ist. „Sobald ich meinen Helm anhabe, sieht der Pilot neben mir sowieso nicht, dass ich eine Frau bin. Ich bin eine amerikanische Kampfpilotin. Jeden Tag gebe ich mit ganzem Herzen mein Bestes als Kampfpilot, nicht als weibliche Kampfpilotin.“

Jeden Tag das Beste geben ist einer der Grundwerte, den die amerikanische Luftwaffe vertritt. Jeder in der Luftwaffe schwört, nie wankelmütig zu sein und nicht zu scheitern. Der Schwur begleitet die Piloten und jedes andere Mitglied der Air Force. Noch etwas anderes trägt Maggie Nicklas täglich mit sich: Da ist zum einen ihr Rufzeichen (englisch: call sign). Es ist Trinity. Die call signs werden den Piloten zugeteilt und bleiben bis ans Ende der Karriere. Darüber hinaus trägt sie eine goldene Kette, graviert mit Koordinaten. „Das ist meine Lieblings-Skipiste zu Hause in Colorado“, sagt Nicklas. „Ja, das ist eine schwarze Piste.“

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