Schwer misshandelt: Zweijähriger Junge tot

Gewaltsamer Tod eines zweijährigen Jungen in Schleiden: Nur zweieinhalb Wochen vor der Tat haben Mitarbeiter des Kreisjugendamtes Euskirchen Mutter und Kind besucht und nichts Auffälliges festgestellt.

Euskirchen/Schleiden. Betroffene Mienen in der Euskirchener Kreisverwaltung: Nach dem gewaltsamen Tod eines zweijährigen Jungen in Schleiden erklärte Landrat Günter Rosenke, Mitarbeiter des Kreisjugendamtes seien bereits am 31. August, also zwei Wochen vor dem Tod des Kindes, einem Hinweis der Großmutter nachgegangen. Sie habe sich Sorgen gemacht, weil sie ihren Enkel bereits einige Zeit nicht mehr gesehen hatte."Hinweis war nicht konkret"

Hätte der Tod des kleinen Kindes verhindert werden können? Fakt ist: Am Dienstag ist ein 41-Jähriger in Schleiden von der Polizei unter dem dringenden Verdacht des Totschlags verhaftet worden. Er bestreitet allerdings, den zwei Jahre alten Sohn seiner Lebensgefährtin misshandelt und getötet zu haben.Die 21 Jahre alte Frau war am 14. September mit ihrem bewusstlosen Kind in eine Arztpraxis gegangen. Fünf Tage später starb der Zweijährige. Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft ist das Kind, das Blutergüsse am ganzen Körper gehabt habe, nach massiver Gewaltanwendung im Kopfbereich gestorben.Rosenke dazu am Mittwoch in einer eilends einberufenen Pressekonferenz: "Der Hinweis der Großmutter war aber unkonkret." Sie habe das Jugendamt über ihr "schlechtes Gefühl" informiert, weil sie ihren Enkel längere Zeit nicht gesehen habe."Konkretere Hinweise auf eine Gefährdung des Kindeswohles - beispielsweise in der Vergangenheit - wurden nicht gemacht", sagte der Landrat. Zu diesem Zeitpunkt hätten keine "gewichtigen Anhaltspunkte für die Gefährdung des Kindes" im Sinne des Paragrafen 8 a SGB VII (Sozialgesetzbuch VII/Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdungen) vorgelegen. Trotzdem habe sich sofort ein Team des Kreisjugendamtes auf den Weg gemacht und zwei Stunden später vor der von der Verwandten angegebenen Wohnung im Stadtgebiet Schleiden gestanden.Betroffenheit in der Kreisverwaltung

Dort habe man die 21-jährige Mutter und den 41-jährigen Wohnungsinhaber angetroffen. Beide seien sehr kooperativ gewesen. Der Junge habe sich, nachdem er geweckt worden war, "den Schlaf aus den Augen gerieben" und sich dann "altersgemäß normal verhalten". Die Mutter lieferte auch gleich eine Erklärung für eine kleine, weitgehend abgeheilte Schürfwunde über dem rechten Auge des Kindes: Der Junge sei aus dem Bett gefallen. Dies akzeptierten die Sozialarbeiterin und der Teamleiter des Euskirchener Kreisjugendamtes. Der Landrat: "Hinweise auf eine Gefährdung des Kindes und damit die Veranlassung zu weitergehenden Maßnahmen ergaben sich durch den Hausbesuch nicht."Rosenke weiter: "Der Tod des Kindes macht uns alle betroffen. Uns allen wird vor Augen geführt, dass solche Folgen auch durch frühzeitiges und sorgfältiges Tätigwerden leider nicht immer verhindert werden können." Die 21-jährige Mutter des toten Jungen hatte ihren neuen Lebenspartner offenbar durch einen Internetkontakt kennengelernt und war zu ihm in dessen Schleidener Wohnung gezogen.Auf Nachfragen der Journalisten räumte Rosenke gestern ein, dass es über den jetzt verhafteten 41-Jährigen im Jugendamt bereits eine offenbar umfangreiche Akte gebe. Das sei den Mitarbeitern, die am 31. August die Wohnung in Schleiden besuchten, aber nicht bekannt gewesen. Auch im Nachhinein habe man dies offenbar nicht bemerkt, weil ja alles in Ordnung schien. Im April 2007 haben Mitarbeiter des Kreisjugendamtes schon einmal bei dem jetzigen Tatverdächtigen interveniert, weil seine 15-jährige leibliche Tochter wiederholt den Schulunterricht geschwänzt hat.Rosenke räumte auch ein, dass den Behörden Hinweise vorgelegen hätten, dass der Mann bereits 1995 in Belgien eines seiner Kinder misshandelt haben soll, aber: weder belgische noch deutsche Behörden hätten dies nachweisen können. Rosenke bestätigte zudem, dass es über den Mann auch eine polizeiliche Akte gebe.Nicht bewiesener Missbrauchsverdacht

Bereits 1995 habe man dem jetzt Festgenommenen nach einem ersten Missbrauchsverdacht das Sorgerecht für die 1995 geborene Tochter entzogen. Das Kind sei dann in einer Pflegefamilie untergebracht worden. Der Missbrauchsverdacht habe aber nicht bewiesen werden können.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort