Unruhe in der Milch-Wiege

Immer weniger Geld, immer weniger Höfe, immer weniger Milchkühe. Setzt sich der aktuelle Trend durch, wird es bald nur noch wenige Milchkühe geben, befürchtet der Bundesverband der Deutschen Milchviehhalter. Der Bauern- und Winzerverband sieht die Lage entspannter.

Bitburg/Prüm/Daun. Die Milch-Wiege des Landes steht in der Region Trier, genauer im Eifelkreis Bitburg-Prüm. 827 Milchviehhalter (30,3 Prozent) von 2727 in Rheinland-Pfalz sind hier beheimatet. Zusammen mit der Vulkaneifel (9,3 Prozent), Trier-Saarburg (6 Prozent) und Bernkastel-Wittlich (6 Prozent) kommt die Region Trier auf 51,5 Prozent. Sie produzieren mit ihren 66 519 Milchkühen (Eifelkreis: 40 657, Vulkaneifel: 12 173, Trier-Saarburg 6931, Bernkastel-Wittlich: 6758) laut dem Landwirtschafts-Ministerium mit 459 Tonnen 58,2 Prozent der rheinland-pfälzischen Milch.

Sie macht mit 2,7 Prozent einen eher geringen Anteil an der gesamten in Deutschland erzeugten Milchmenge (2007: 28,4 Millionen Tonnen) aus. Die meiste Milch stammt aus Bayern (27 Prozent) und Niedersachsen (18 Prozent).

Dennoch gibt es Unruhe in der hiesigen Milchwirtschaft. Die Zahl der Milchkühe, und mit ihr auch die Zahl der Milchviehbetriebe, in der Region sinkt. Die Alarmglocken schrillen - zumindest beim Bundesverband der Deutschen Milchviehhalter (BDM).

"Das wird sich fortsetzen. Ich gehe sogar so weit, dass ich sage, dass die Zukunft aller Betriebe bedroht ist", sagt Oliver Grommes. Der Landesvorsitzende des BDM sieht neben dem Strukturwandel und dem damit verbundenen Nachwuchs-Problem im rapide fallenden Milchpreis das größte Problem. "Geht das so weiter, sehe ich schwarz - für alle!"

Aktuell liegt der Milchpreis bei 26 Cent, "und es wird weiter nach unten gehen", glaubt Grommes. Zur gleichen Zeit im Vorjahr erhielten die rheinland-pfälzischen Milchbauern 39 Cent pro Liter.

Ein Blick auf den Milchkuhbestand zeigt, dass die Zahl rapide sinkt. Im benachbarten Rhein-Hunsrück-Kreis gab Karl-Otto Vollrath, Grommes' Vorstands-Kollege, unlängst schon eine düstere Prognose. Kein Wunder, hier ist der Milchkuh-Bestand von 21 584 (1960) auf 5217 (2007) geschrumpft. Insgesamt sank die Zahl in Rheinland-Pfalz von 366 000 Milchkühen in 1950 auf 117 284 (2007).

Noch stärker als die Zahl der Kühe sinkt die der Betriebe. Waren es 1973 noch 39 923, existierten 2007 nur noch 2727. Dabei ist der Trend zur Größe unverkennbar. "Familienbetriebe mit weniger als 150 Tieren gehen nicht mehr", sagte Vollrath. Andere Agrarexperten würden gar 250 bis 400 Milchkühe empfehlen.

Auch in der Region Trier gehen die Zahlen spürbar zurück. Nach dem Höchststand 1980 mit 102 292 Milchkühen sank die Zahl auf 66 519. In den Kreisen Trier-Saarburg (inklusive Trier) und Bernkastel-Wittlich verringerte sich der Bestand fast um die Hälfte. Und auch hier ist eine Abnahme der Betriebe auf einen Bruchteil des Bestandes aus den 70er oder 80er Jahren deutlich.

Was Grommes bedenklich stimmt, sieht der Kreisvorsitzende Bitburg-Prüm des Bauernverbands, Michael Horper, weitaus gelassener: "Der Strukturwandel trifft uns natürlich. In anderen Bundesländern hat er schon stattgefunden - mit einem deutlichen Ergebnis: Größere Betriebe können es einfach besser, sind wirtschaftlicher." Laut Horper stimmt hier neben dem Management auch die Milchleistung pro Kuh.

"Betriebe, in denen eine Kuh 4000 Kilogramm Milch pro Jahr liefert, hinken natürlich hinter denen her, in denen es Tiere gibt, die weit über 10 000 Liter schaffen." Fortschritte in Zucht, Genetik und Fütterung ergänzen eine gute Betriebswirtschaft. "Deswegen ist es auch nicht dramatisch, wenn die Kuhzahl sinkt. Die heutigen Kühe geben einfach mehr Milch." Auch in der Region gebe es Kühe, die mühelos 15 000 Kilo Milch pro Jahr produzieren.

Allerdings sieht auch Horper, dass die allgemeine Krise auch die Milchwirtschaft treffen wird. "Die Nachfrage sinkt. Ganze Branchen wie Eis- und Süßwaren springen bei Milchpreisen von 40 Cent ab und satteln auf pflanzliche Zutaten um. Auch das muss man sehen."

Die Schwarzmalerei des BDM sieht er allerdings kritisch: "Die ist nicht real. Wir leben in einer guten Region, mit zwei großen Molkereien vor der Tür, die seit 20 Jahren mit die besten Milchpreise Deutschlands zahlen. Wir haben gut ausgebildete Fachmänner vor Ort, hier ist der Kernbetrieb der Milch. Wer ordentlich produziert, wird auch morgen noch da sein. Denn wer es kann, wird überleben!"

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