Wie einst rund um Bitburg Kaffee geschmuggelt wurde

Bitburg · Mit Erinnerungsstücken, Musik und Geschichten an alte Zeiten erinnern? Beim Erzählnachmittag im Mehrgenerationenhaus Bitburg besteht die Möglichkeit, alte Erinnerungen wieder hervorzurufen. Der TV hat die Einrichtung, die vor fünf Jahren ins Leben gerufen wurde, besucht.

Bitburg. Von Erinnerungen aus den späten Kriegsjahren und der Nachkriegszeit erzählen. Wie wurde gelernt? Geliebt? Und gelebt? Beim Erinnerungs- und Erzählcafé im Mehrgenerationenhaus erinnern sich die Teilnehmer unter dem Thema "Not macht erfinderisch" regelmäßig an die alten Zeiten, indem sie sich untereinander austauschen und Geschichten von früher erzählen.
"Das Erzählen ist wichtig, damit junge Leute erfahren können, wie es früher war. Vieles findet man in Geschichtsbüchern nämlich nicht", sagt Claudia Schöpper-Röpke, die Dozentin für Biografiearbeit ist und das Café begleitet. Um alte Erinnerungen wachzurufen, wird Musik aus damaliger Zeit gespielt. Und die Lieder von Marlene Diedrich, Zarah Leander und Lilian Harvey kennen hier alle. "Durch einen solchen Anstoß können Erinnerungen wachgerufen werden. Die Menschen können dann ganz viel erzählen", weiß Schöpper-Röpke. Die Dozentin hat alte Erinnerungsstücke wie Bügeleisen, Kaffeemühle und Zeitschriften mitgebracht, ein Plattenspieler ist jedoch nicht darunter: Die Musik kommt vom Handy.
Immer wieder werden auch verschiedene Geschichten vorgelesen, die die Expertin aus Hamburg, wo sie auch arbeitet, mitgebracht hat. Durch diese können Stadt-Land-Vergleiche zwischen der Eifel und Hamburg gezogen werden. Da erfährt man, wie im Bitburger Raum einst Kaffee geschmuggelt wurde und wie das Tauschgeschäft funktionierte. So konnte etwas zu essen beim Schuster gegen Schuhe eingetauscht werden.
Die Teilnehmer des Erzählnachmittags freuen sich, diese Erlebnisse mit anderen teilen zu können. "Ich bin hier, weil ich zu der Zeit was zu sagen habe. Ich habe sie ja erlebt", sagt Marga Ittenbach. Dass die Not erfinderisch machte, wird deutlich, wenn davon erzählt wird, dass alte Kleiderbügel umhäkelt wurden, damit sie weiter genutzt werden konnten. Dass Fahnen zu Röcken genäht wurden. Und dass aus Verbandzeug Pullover gemacht wurden, die mit Tee gefärbt wurden. "Ich habe alles hautnah miterlebt. Es ist sehr schön, darüber zu erzählen, weil einem Sachen wieder einfallen, die man erlebt hat", erzählt Hannelore Weiers.
Wenn die Erlebnisse so lebendig mit anderen geteilt werden, fördert dies das Verständnis der Generationen füreinande - eines der Hauptziele von Mehrgenerationenhäusern wie dem in Bitburg. tieDas Mehrgenerationenhaus Bitburg gibt es seit 2006, gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Mit dem Aktionsprogramm werden in Deutschland insgesamt 500 Häuser gefördert, die täglich etwa 100 000 Menschen besuchen. In Limbourgs Garten, wie die Einrichtung heißt, weil die Anlage zur Villa Limbourg gehörte, ist das betreute Wohnen angeschlossen. Im Mehrgenerationenhaus befinden sich außerdem ein Pflegestützpunkt, der mobile Pflegedienst und eine Tagespflege. Das Mehrgenerationenhaus ist montags bis donnerstags von 8 Uhr bis 17 Uhr und freitags von 8 Uhr bis 15 Uhr geöffnet. Es werden Spiel- und Kontaktgruppen, Seniorengymnastik, Internetkurse für Senioren und Frauen, Bildungs- und Kulturreisen, Gesprächskreise, Stricklieseln, Musikgarten, Spieleabende und saisonale Events angeboten. (tie)… Andrea Becker (48 Jahre), Ehrenamtskoordinatorin beim Deutschen Roten Kreuz aus Schwirzheim. Was gefällt Ihnen an dem Projekt Mehrgenerationenhaus besonders? Becker: "Das Projekt ist eine wunderbare Idee, denn der Dialog zwischen den Generationen kann gefördert werden. Besonders schön ist es, wenn gemeinsame Aktivitäten zustande kommen, wie zum Beispiel gemeinsames Kochen, ein Schulbesuch und Singen mit Jung und Alt." Was bleibt Ihnen bisher am stärksten in Erinnerung? Becker: "Ein gemeinsames Koch event in der Realschule Plus. Senioren und Kinder verschiedener Nationalitäten haben landestypische Gerichte gekocht. Es wurde viel geredet, Rezepte ausgetauscht, gelacht, zusammen gegessen und natürlich auch gespült." Was wünschen Sie sich für die Zukunft? Becker: "Ich hoffe, das Projekt bleibt uns weiter erhalten. Die Förderung vom Bund läuft dieses Jahr aus, da diese auf fünf Jahre beschränkt war. Bisher haben wir Pionierarbeit geleistet, daher wäre es schade, wenn das Projekt keine Förderung mehr erhalten würde." (tie)

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