Hermeskeil. (urs) Wer auf gesunde Ernährung und Fitness schwört, ist bei "Kneippianern" genau richtig.

150 Jahre bevor Begriffe wie Aqua-Fitness oder Slow-Food, bewusst genossenes regionales Essen, in aller Munde waren, hatte der Naturheilkundler Sebastian Kneipp (1821 bis 1897) bereits seine Anhänger. Dennoch haftet dem Kneipp-Bund mit bundesweit rund 160 000 Mitgliedern ein angestaubtes Image an, was vor allem ein Problem altmodischer sprachlicher Begriffe ist. Paradebeispiel ist der Begriff der Ordnung - neben Wasser, Bewegung, Ernährung und Heilkräutern die fünfte Säule von Kneipps Lehre. Sie steht für die innere Ordnung eines Menschen, sein psychisches Wohlbefinden, was etwa auch Stressbewältigung voraussetzt. Alte Begriffe müssten übersetzt werden, appellierte Marion Caspers-Merk, Präsidentin des Kneipp-Bundes, beim Fitness-Gesundheitskongress in Hermeskeil. Für die Ordnung - neuzeitlich Lebensfreude - ist das bereits gelungen, wie Plakate beim Kongress zeigten. Ein wichtiger Baustein ist laut Caspers-Merk aber auch das Kneipp-Kindergartenprojekt "Kinder von heute - gesundheitsbewusste Erwachsene von morgen". Es hat auch in Hermeskeil Fuß gefasst - wie bundesweit in bald mehr als 300 Kindergärten - und soll an Grundschulen fortgesetzt werden. Außerdem forderte die Kneipp-Chefin einen Abschied von der "unterentwickelten" Prävention ein. In Deutschland werde unverhältnismäßig mehr für die Behandlung von Krankheiten ausgegeben. Mit dem neuen "Kneipp-Stiftungs-Lehrstuhl" an der Berliner Charité will der Verband gegensteuern.

Tendenz zu Naturheilmitteln

Hartmut Heck, erster Verbandsgemeinde-Beigeordneter ist beeindruckt: "Was sie als Gesamtpaket anbieten, hat sonst keiner." Am ersten Kongresstag vertrat er Bürgermeister Michael Hülpes, wie Caspers-Merk Schirmherr des Kongresses anlässlich eines Doppel-Geburtstages: Der Kneipp-Landesverband ist seit 40 Jahren aktiv, der Kneipp-Verein Hermeskeil seit 35 Jahren. Orts- und Landesvorsitzender Siegfried Kiesselmann sieht die Tendenz zu Naturheilmitteln als positives Zeichen. Laut einer Studie machten 60 Prozent der Deutschen - darunter eine wachsende Zahl jüngerer Menschen - davon Gebrauch. Mit Blick auf das Jahr der Prävention mit dem Leitmotiv "Kneipp ist doch kinderleicht" forderte er daher die Politik auf, Prävention "als eigenes Ziel der Gesundheitspolitik" zu verankern. Andererseits habe es jeder selbst in Händen, nicht nur gesund sein zu wollen, sondern etwas dafür zu tun. Der Weg zum Einklang von Körper und Geist sei nicht beschwerlich. Gesundheitsvorsorge mache Spaß. Apotheker Michael Bur stellte das prompt unter Beweis. Begeistert zupfte er aus den Sträußen der Tischdekoration Heilkräuter wie Frauenmantel, Beinwell und Schafgarbe und verriet dazu zahllose Tipps.

Andere Referenten, darunter sieben Ärzte und zwei weitere Apotheker, informierten über Ur-Dinkel, Ernährung bei Arthrose oder gaben wie Peter Schwerdtfeger, Präsident der Bezirksärztekammer Trier Tipps zur Gesundheitsvorsorge. Reiner Feth, Vorsitzender des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Rheinland-Pfalz/Saarland, überraschte Kiesselmann mit der höchsten Auszeichnung seines Verbandes, der goldenen Ehrenplakette. Diese würdige dessen "ausgeprägtes Engagement für die Gesundheit der Menschen". Musikalisch umrahmt wurde der von allen Landesverbänden besuchte Kongress vom Shanty-Chor Hassloch und den New Life Gospel Singers aus dem Kongo.