Kell lässt Räder unter eigener Regie rotieren

Kell am See · Mit der Gründung einer Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) will die Verbandsgemeinde (VG) Kell am See den Bau und Betrieb von neuen Windrädern selbst übernehmen. Der VG-Rat hat sich am Donnerstag ohne Gegenstimme auf wichtige Eckpunkte für das spätere Aussehen dieser kommunalen Energiefirma geeinigt. Nun entscheiden die Räte aller 13 Orte, ob sie diese Satzung akzeptieren und bei der ÄöR mitmachen.

Kell am See. Das Thema Windkraft ist im Hochwald seit Monaten allgegenwärtig. Sowohl in der VG Kell als auch in der VG Hermeskeil wird die Änderung der Flächennutzungspläne vorbereitet, in denen neue Standorte für Windparks festgelegt werden sollen. Hier wie dort ist man dabei aber auch auf äußere Einflüsse angewiesen. Eine entscheidende rechtliche Voraussetzung für den geplanten Bau der weißen Mühlen ist vor allem das geänderte Landesentwicklungsprogramm (LEP IV). Es klärt, wo Windräder stehen dürfen. Über das neue LEP IV wird aber erst im Frühjahr 2013 entschieden.
Gleichwohl haben in der VG Hermeskeil einige Orte schon Pflöcke eingeschlagen und Verträge mit Investoren aus der Branche gemacht. Sie stellen diesen Firmen Land für den Bau von Windrädern zur Verfügung und erhalten dafür Pachtzahlungen.

Angsten und die Ölquelle


Die VG Kell schlägt hingegen einen anderen Weg ein. "Wir wollen die Chance nutzen und an der Energiewende selbst wirtschaftlich teilnehmen", betonte Bürgermeister Werner Angsten (CDU) im VG-Rat. Das soll organisatorisch mit der Gründung einer Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) gelingen. Die VG will mit ihr den Bau und späteren Betrieb von Windrädern in die eigene Hand nehmen. Angsten zog folgenden Vergleich: "Wenn ich auf einer Ölquelle sitze, dann verpachte ich die auch nicht, sondern fördere das Öl selbst und verkaufe es." Zwar ist beim Bau und der Wartung der weißen Riesen das Fachwissen der Anlagenhersteller nötig. Diese könnten aber am Ertrag beteiligt werden.
Im Grundsatz hatte die VG Kell die Gründung einer AöR bereits im Februar beschlossen. Nachdem man in einer ersten Runde die Meinung aller 13 Gemeinderäte gehört hat, stand am Donnerstag die Satzung für die AöR im VG-Rat zur Debatte. Dieses Papier regelt in 14 Paragrafen Fragen zur Ausgestaltung der AöR. Allerdings bleiben vorerst einige entscheidende Punkte ausgespart. So gibt es noch keine Festlegung, wie das Geld aus dem künftigen Betrieb der Einnahmen unter den AöR-Mitgliedern verteilt werden soll. Das hängt zum einen damit zusammen, dass noch gar nicht klar ist, wo sich künftig im VG-Gebiet Windräder drehen (siehe Extra). Zum anderen steht noch nicht fest, wer bei der AöR alles mitmacht.

Jetzt entscheiden 13 Orte


Denn die vom VG-Gremium verabschiedete Satzung wird nun in allen 13 Orten den Räten vorgelegt. Sie entscheiden, ob sich ihre Gemeinde an der AöR beteiligt.
Dieser Beitritt ist aber nur zeitlich begrenzt möglich. Auf Anregung von CDU-Sprecher Klaus Marx wurde eine Zwei-Jahres-Frist für die Aufnahme gesetzt. Der Pascheler Ortsbürgermeister Erich Thiel hätte es allerdings lieber gesehen, wenn die VG keine so lange Bedenkzeit gegeben hätte. "Die Gemeinden, die wie wir direkt mitmachen wollen, gehen ins Risiko. Wenn die anderen Orte dann sehen, dass die Kiste läuft, klopfen sie alle an die Tür. Das finde ich nicht gut."
Die VG und die beteiligten Orte stellen jeweils ein Mitglied im Verwaltungsrat der AöR. Die Dorfchefs von Waldweiler und Zerf, Manfred Rauber und Dieter Engelhardt plädierten zwar dafür, dass die künftigen Standortgemeinden von Windrädern mehr als ein stimmberechtigtes Mitglied haben sollten. Dieser Vorschlag fand jedoch keinen Anklang. Obwohl die SPD-Leute mit ihrem Anliegen scheiterten, betonte Rauber: "Wir begrüßen die Gründung einer Solidargemeinschaft, und es wird höchste Zeit, dass wir damit zu Potte kommen." Ähnlich äußerte sich Erwin Rommelfanger (FWG).
Schlussendlich wurde die ausgearbeitete Satzung der AöR bei sieben Enthaltungen ohne Gegenstimme akzeptiert.Extra

Aktuell stehen in der VG Kell fünf virtuelle Standorte für künftige Windräder zur Debatte. Es sind: Greimerather Wald, Zerf/Landesstraße 142, Waldweiler/Teufelskopf, Keller Gebrüch und Greimerath/Judenkopf. Problem: Diese Windparks würden teilweise in der Kernzone des Naturparks Saar-Hunsrück liegen. Anders als früher ist diese Kernzone nicht mehr völlig tabu, sondern das Land prüft im Einzelfall die mögliche Befreiung von den Schutzbestimmungen in der Naturpark-Verordnung. Von der Oberen Landespflegebehörde - der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord - liegt bereits eine Stellungnahme vor. Demnach sind die Keller Standorte auch von Entscheidungen in der Nachbarschaft abhängig. Die SGD Nord hält beispielsweise eine Befreiung von den Naturpark-Auflagen für denkbar, wenn die Gemeinden auf saarländischer Seite eigene Windräder in der Nähe von Teufelskopf und Judenkopf aufstellen. Gleiches gilt, wenn die VG Ruwer im Osburger Hochwald Räder an der Grenze zur VG Kell (Keller Gebrüch) errichtet. Eine neue Entwicklung ist, dass sich nun wieder mit Baldringen/Hentern ein sechster Standort Chancen ausrechnen kann. Dieses Gebiet war zwischenzeitlich aus der Betrachtung herausgefallen, weil die Windräder in weniger als 1000 Meter Entfernung von Wohnhäusern aufgestellt würden. Die Festlegung auf diesen Mindestabstand soll aber im neuen LEP IV wegfallen. Allerdings machte CDU-Mann Dittmar Lauer noch einmal deutlich, dass es aus Sicht seiner Fraktion auf lediglich "zwei oder drei Windparks" im VG-Gebiet hinauslaufen sollte. ax

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