Konzer Doktor war nur Bachelor: Ehrenbürger Rudolf Molter präsentiert an seinem 80. Geburtstag neue Erkenntnisse über eine lokale Ikone

Konz · Pfarrer Georg Joseph Canaris verdanken die Konzer ihren Spitznamen als Doktoren. Dabei war der mutmaßliche Doktorvater zwar hochgebildet und geachtet, aber eben kein Doktor. So lässt sich zusammenfassen, was der Konzer Chronist und Ehrenbürger Rudolf Molter kurz vor seinem 80. Geburtstag herausgefunden hat.

Rudolf Molter feiert heute seinen 80. Geburtstag. Doch das Alter ist für den Konzer Chronisten kein Grund, sein zeitaufwendiges Hobby aufzugeben. Er ist geistig und körperlich fit und immer auf der Suche nach neuen Erkenntnissen über die Heimatgeschichte (siehe Zur Person). Und kurz vor seinem runden Geburtstag hat der Konzer Ehrenbürger etwas über den wohl bekanntesten Paten der Bildungspolitik in der Saar-Mosel-Stadt herausgefunden: "Pfarrer Georg Joseph Canaris ist wirklich der Konzer Doktorvater", sagt Molter.

Allerdings sei die Konzer Ikone, auf die der Spitzname Konzer Doktoren zurückgeht (siehe Extra), kein Doktor im akademischen Sinn. Denn: Promoviert habe der Pfarrer nie, er habe es nie über den Status Baccalaureus der historischen Theologie hinausgeschafft. In der Wissenschaftshierarchie des 18. Jahrhunderts ist dies der erste Titel, der dem heutigen Bachelortitel entspricht, der weit vor dem akademischen Doktortitel steht.

Die Erkenntnis zum Konzer Doktor ist ein Nebenaspekt von Molters Recherchen zu den Straßennamen im Konzer Tälchen für einen Artikel im Kreisjahrbuch 2017. Dabei ist er auf einen Taufeintrag im Familienbuch der Pfarrei St. Ursula in Krettnach gestoßen, den er mit Experten des Bistums neu übersetzt hat.

Taufeintrag als Quelle

Der Taufeintrag stammt vom 27. Dezember 1793. Pfarrer Canaris spielt dabei für das Kind seines Cousins Carl Josef Canaris eine wichtige Rolle: "Als Pate fungierte der sehr hochwürdige und hoch angesehene Herr Georg Joseph Canaris, Baccalaureus der hist. Theologie, geistlicher Rat des hochwürdigsten und erlauchtesten Erzbischofs von Trier und Pastor in Konz", heißt es dort. In einer älteren Übersetzung sei die Abkürzung "Do." mit Doktor aus dem Lateinischen übersetzt worden, dabei stehe "Do." eigentlich für Dominus, was im Lateinischen Herr bedeutet, erklärt Molter. Seine Schlussfolgerung: "Der akademische Doktortitel ist weder aus dem damaligen Taufeintrag noch aus der Vita Canaris belegbar."

An dem damaligen Respekt der Konzer für Pfarrer Canaris änderte das aus Molters Sicht nichts. Obwohl dieser es nie zu einem höheren akademischen Titel gebracht habe, sei er sehr angesehen gewesen, erklärt Molter. "Wer kannte damals den Unterschied zwischen dem Doktor und dem unterhalb anzusiedelnden Baccalaureus?", fragt der 80-Jährige. Er folgert: "Das ‚Doktor' war direkt auf die Person Canaris bezogen." Auch wenn er gar kein Doktor gewesen sei, hätten ihn die Konzer so genannt.

Mit diesen historisch gesicherten Erkenntnissen will Molter immer wieder aufkommende Gerüchte widerlegen, dass nicht Canaris der eigentliche Konzer Doktorvater sei, sondern seine Schüler. Der Ehrenbürger zitiert dazu einen Artikel aus dem Wochenspiegel vom 29. September 1999: "Die Geister scheiden sich allerdings, ob mit dem ‚Doktor' nun der Pfarrer oder aber seine schlauen Schüler gemeint waren", heißt es darin. Der Orden der Deutschherren könnte Ursprung des Doktor-Status sein, weil sie sich auf ihrem Konzer Hof um die Krankenpflege gekümmert hätten, steht dort weiter.

Auch zwei "Ärzte" kommen laut dem Zeitungsartikel in Betracht: Knuppen Maathes und Knuppen Dietz, die eine geheimnisumrankte Heilsalbe namens "Knuppen8schmeer" verkauft haben sollen. Molter hält diese Theorien für "großen Unsinn". Der Orden Deutschherren habe zwar Höfe in Konz gehabt, aber dort niemals Kranke versorgt. Die beiden "Knuppendoktoren" bezeichnet er als "Quacksalber", die nie das Ansehen des Pfarrer Canaris' gehabt hätten. Aus Molters Sicht ist deshalb ganz klar, dass es mit Georg Joseph Canaris nur einen Konzer "Doktorvater" gibt.Hintergrund Zur Person

Rudolf Molter wurde am 27. Januar 1937 in Wellen geboren. Kurz nach der Heirat mit seiner Frau Erika (1961) zog er nach Konz. Seitdem lebt er im Viertel Berendsborn - damals abfällig "die Siedlung" genannt. Beruflich war er von 1971 bis 2000 als Architekt für das Bistum Trier tätig. Zum Konzer wurde er durch sein Engagement im Karneval- und Theaterclub Konz (KCK), im Kirchenchor und in der CDU. Molter wirkte 33 Jahre lang im Stadtrat und vor allem im städtischen Bauausschuss mit. Inzwischen hat er ein Dutzend Bücher und etliche Aufsätze zur Heimatgeschichte veröffentlicht. Zuletzt hat er einen Band über die Geschichte der ehemaligen Bergarbeitersiedlung St. Marien in Wellen veröffentlicht. Die denkmalgeschützten Gebäude sind aus seiner Sicht nicht mehr zu retten.
Für sein Engagement hat Molter schon mehrere Auszeichnungen bekommen - darunter 2010 das Bundesverdienstkreuz. 2014 erhielt er den Ehrenbürgerbrief der Stadt Konz. Seit dem Tod des ehemaligen Leiters des Freilichtmuseums Roscheider Hof, Ulrich Haas, am 21. Dezember 2015 ist Molter der letzte lebende Konzer Ehrenbürger. Extra

Konzer Doktor war nur Bachelor: Ehrenbürger Rudolf Molter präsentiert an seinem 80. Geburtstag neue Erkenntnisse über eine lokale Ikone
Foto: Christian Kremer
Konzer Doktor war nur Bachelor: Ehrenbürger Rudolf Molter präsentiert an seinem 80. Geburtstag neue Erkenntnisse über eine lokale Ikone
Foto: Christian Kremer

Georg Joseph Canaris wird zugeschrieben, dass er ab 1775 in seiner Pfarrschule die Volksschulbildung in Konz ausgebaut hat. Durch sein Wirken soll er den Bürgern der Saar-Mosel-Stadt einen Bildungsvorsprung im Vergleich zu den Nachbardörfern und -städten eingebracht haben. Im Ergebnis trugen sie mit stolz den Titel Konzer Doktoren. Noch heute ist die Konzer-Doktor-Bürgerstiftung nach dem Konzer Doktor benannt. In guter Canaris-Tradition widmet sie sich in ihren Lernpaten-Projekten der Bildung von Schülern.

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