"Wir sind doch keine Bittsteller"

Trier · Triers Schuldezernentin Angelika Birk hat angekündigt, künftig Trie rer Schüler bei der Aufnahme an Gymnasien gegenüber Jugendlichen aus dem Kreis bevorzugen zu wollen. "Wir sind doch keine Bittsteller", kontert Landrat Schartz.

Trier. Die Stadt Trier wolle auf ihren Gymnasien künftig nur noch in besonderen Fällen Schüler aus dem Kreis Trier-Saarburg aufnehmen. Diese Ankündigung von Triers Schuldezernentin Angelika Birk (Grüne), getätigt im Zusammenhang mit der Diskussion um die Orientierungsstufe am Friedrich-Spee-Gymnasium in Trier-Ehrang, ist im Kreis übel aufgestoßen. "Ich verstehe die Aussage von Frau Birk nicht, wir sind doch keine Bittsteller", sagt Landrat Günther Schartz (CDU). Für Schülerlenkung sei die Stadt nicht zuständig. Die Leiter der Trierer Gymnasien seien doch froh, dass sie Schüler aus dem Kreis bekämen.
Gerne hätten wir an dieser Stelle berichtet, was die Schuldezernentin unter "besonderen Fällen" versteht und wie sie die Zusammenarbeit mit dem Kreis beim Schulentwicklungskonzept beurteilt. Doch trotz mehrfacher Nachfrage wurden die von unserer Zeitung am Montag übermittelten Fragen nicht beantwortet. Weil die Stadt auch immer wieder die hohen Fahrtkosten ins Feld führt, die sie als Standortkommune für auswärtige Schüler hat, haben uns diese Zahlen ebenfalls interessiert - doch auch hier Schweigen. Frau Birk müsse das zuerst autorisieren, heißt es bei der Stadt.
Schülerzahlen bleiben stabil


Die Aussage der Dezernentin, der Kreis habe an seinen eigenen Gymnasien genügend Kapazitäten (der TV berichtete), widerlegen Statistiken: Im laufenden Schuljahr besuchen rund 1500 Kinder und Jugendliche, die im Kreis wohnen, Gymnasien außerhalb des Kreisgebiets. Davon gehen bis auf wenige Ausnahmen (andere Kreise, Saarland) fast alle auf die fünf städtischen Gymnasien in Trier.
Die Kreisverwaltung geht anhand der Geburtenzahlen davon aus, dass die Schülerzahlen in den Gymnasien Konz, Saarburg, Hermeskeil und Schweich (siehe Extra) in den kommenden Jahren stabil bleiben werden. Wegen der unterschiedlichen Profile und Ausrichtungen müsse kein Kind ein Gymnasium außerhalb des Kreises besuchen, aber es gebe weiterhin die Nachfrage nach Plätzen in Trierer Gymnasien, sagt Norbert Etringer von der Schulabteilung.
Zu einer Entlastung der städtischen Gymnasien habe der Neubau des Gymnasiums in Schweich beigetragen. Das untermauern auch Zahlen: Im Schuljahr 2007/2008 gingen 771 Schüler erstmals aufs Gymnasium, davon 355 nach außerhalb. Im Schuljahr 2011/2012 waren es von rund 600 nur noch 223; die Quote sank von 46 auf 37 Prozent.
Die Stadt Trier habe bei der Entwicklung ihres Schulentwicklungskonzepts die Abstimmung mit dem Kreis gesucht, heißt es in einer Stellungnahme der Kreisverwaltung. Bei den Gesprächen sei es insbesondere um die Schulen in den Grenzbereichen gegangen, beispielsweise die Grundschule Ruwer und das Friedrich-Spee-Gymnasium in Trier-Ehrang. Man habe Trier auch angeboten, Kinder nach Konz zu schicken, falls es mit den Kapazitäten eng werden würde, sagt Landrat Schartz. Auch für Schüler aus dem Sauertal wären freie Plätze in Konz attraktiv, jedoch hapere es an der Erreichbarkeit. "Leider fehlt uns von Trierer Seite die politische Unterstützung für den Moselaufstieg", meint Schartz. Kritik übt er auch daran, dass sich die Stadt bei ihrem Schulentwicklungskonzept so schwertut. Schartz: "Solange Trier in der Warteschleife ist, hängen wir auch mit unserem Wunsch in der Luft, in Schweich eine Fachoberschule zu errichten."
Alle unterbekommen


Doch nicht nur zwischen Kreis und Stadt knistert es in der Schulpolitik, auch innerhalb des Kreises sorgt man sich um ein wohnortnahes Schulangebot. So hat die Verbandsgemeinde Trier-Land, die selbst keine weiterführenden Schulen hat, vom Landrat die Garantie im Schulentwicklungskonzept eingefordert, dass ihre Schüler nicht schlechter gestellt werden als andere im Kreis. "Nicht jedes Kind kann an seine Wunschschule in Trier", sagt Trier-Lands Bürgermeister Wolfgang Reiland (CDU), "aber wir haben bisher noch alle dort unter Dach und Fach bekommen."Meinungen

Pro: Im Sinne der Trierer Bürger
Das Umland von Trier profitiert in vielfältiger Art und Weise von der Nähe zur Großstadt. In Trier gibt es Arbeitsplätze, Fachhochschule und Uni, ein großes Kulturangebot, um nur einige Dinge zu nennen. Das alles kostet viel Geld, wird aber zu einem guten Teil nur von den Bürgern der Stadt Trier bezahlt. Bestes Beispiel ist das Stadttheater, dessen Besucher zu über 50 Prozent aus dem Umland kommen. Unterhalt und die anstehende millionenschwere Sanierung zahlen aber nur die Trierer. Wenn sich die Stadt nun entschließt, eigene Schüler bevorzugt auf den weiterführenden Schulen aufzunehmen, deren Unterhalt ebenfalls hauptsächlich zulasten der Stadtkasse geht, dann ist das keine Kriegserklärung an den Kreis, sondern eine legitime Entscheidung im Sinne der Trie rer Bürger. Denen ist die Verwaltung nun mal in erster Linie Rechenschaft schuldig. m.schmitz@volksfreund.de
Contra: Trier hat keine eingebaute Vorfahrt
Halten Sie bitte den Ball flach, Frau Birk. Sie können keine Kreisschüler von Trierer Schulen fernhalten, das kann allenfalls die ADD als zuständige Schulbehörde. Es würde auch keinen Sinn machen, denn die Angebotsvielfalt würde darunter leiden, auch haben Familien gute Gründe, bestimmte Schulen zu wählen. Der Kreis versucht ja auch, die Trierer Gymnasien zu entlasten, etwa durch den Bau eines Gymnasiums in Schweich. Die dortige Schule besuchen auch Schüler aus der Stadt Trier, was ebenso für Förderschulen im Kreisgebiet gilt. Auch das Balthasar-Neumann-Technikum in der Trierer Paulinstraße ist eine Kreisschule, und die neue Treverer-Schule in Schweich wird es ebenfalls sein. Sie sehen also, Frau Birk, Bildung ist keine Einbahnstraße, in der Trier Vorfahrt hat. "Stadt und Land, Hand in Hand" wäre der bessere Politik-Ratgeber. a.follmann@volksfreund.deExtra

Schülerzahlen Staatliche Gymnasien (Stand 15. 8. 2012): insgesamt 3659 Schüler, davon in Saarburg 1120 (153 Neuanmeldungen 2012/2013), in Konz 1025 (120), in Hermeskeil 953 (99) und in Schweich 561 (202). Privates Bonhoeffer-Gymnasium Schweich: aktuell insgesamt 490 Schüler. Schülerzahlen Realschulen (Stand 15. 3. 2012): insgesamt 2397 Schüler, davon in der RS plus Waldrach 194 (36 Neuanmeldungen 2012/2013), in der RS plus Kell/Zerf am Standort Kell 91 (40), am Standort Zerf 230 (-), RS plus Saarburg 740 (110), RS plus Konz 549 (81), RS plus Schweich 593 (ohne Orientierungsstufe, die 491 Schüler der gemeinsamen Orientierungsstufe, 5. und 6. Klasse, sind beim neuen staatlichen Gymnasium in Schweich aufgeführt, siehe oben). Schülerzahl Integrierte Gesamtschulen: Hermeskeil: 806 (davon 115 fürs Schuljahr 2012/13 neu angemeldet). alf

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort