Bürger wollen weiter frische Brötchen haben

Nittel · Die Nitteler Bürger sorgen sich um ihre Nahversorgung und sind wütend, weil die örtliche Bäckerei nach einem Mietstreit voraussichtlich ab Juni schließen muss. Ein Backmobil könnte zur Zwischenlösung werden, bis ein Supermarkt eröffnet.

 Nadine Sonntag, Yvonne Vongerichten, Sabine Averbeck sowie eine fleißige Helferin (von rechts) kämpfen für ihre Bäckerei. TV-Foto:Dirk Tenbrock

Nadine Sonntag, Yvonne Vongerichten, Sabine Averbeck sowie eine fleißige Helferin (von rechts) kämpfen für ihre Bäckerei. TV-Foto:Dirk Tenbrock

Nittel. In Nittel geht die Angst um - die Angst davor, dass ab Juni die Bäckerei schließt und danach keine Lebensmittel mehr vor Ort zu bekommen sind. Neben der Bäckerei würde auch das Café in dem Laden an der B 419 wegfallen, das nicht nur Nitteler angesteuert haben: "Wir sind sogar mit dem Bus da gewesen", sagt Franz-Josef Euteneuer, Leiter des generationsübergreifenden Begegnungsforums Haus Franziskus in Trier. Er bedauere sehr, dass die Bäckerei schließe. So falle ein Begegnungsort in Nittel weg. Seine Gruppe - etwa 30 Personen - werde ohne die Bäckerei Nittel bei Ausflügen meiden.

Was ist geschehen?
Die Auszugsfrist für den Mieter zum 31. Mai, 24 Uhr ist Inhalt eines Vergleichs. Der Vergleich ist Ergebnis eines Rechtsstreits am Trierer Landgericht, der am 15. Januar ausgetragen wurde. Der Eigentümer hatte gegen den Pächter geklagt, weil er das Gebäude abreißen lassen will, um ein neues Wohnhaus auf dem Grundstück zu errichten. Der Bäcker hatte eine vom Vermieter gesetzte Frist zum Kauf der Immobilie verstreichen lassen - der Vermieter klagte daraufhin, um den Mieter aus dem Gebäude herauszubekommen.
Das Ergebnis ist der obengenannte Vergleich, der laut Gericht rechtsgültig ist. Das Trier Landgericht hat für den 2. Juli, 14 Uhr, eine weitere Verhandlung angesetzt. Auf TV-Anfrage bestätigt eine Gerichtssprecherin, "dass beide Verfahren dasselbe Objekt betreffen".

Was sagen die Nitteler?
Für viele Nitteler wäre es fatal, wenn der Bäcker schließt. Etwa 800 von ihnen hatten sich bereits im Dezember in eine Unterschriftenliste eingetragen, um die Bäckerei zu erhalten. Jetzt hat sich eine Gruppe von Bürgern zusammengetan, die um die Infrastruktur in Nittel kämpfen will. Bei einem ersten Treffen, das Nadine Sonntag und Elke Ries organisiert haben, waren zwölf Nitteler dabei. Bei einem Gesprächskreis haben die Bürger ihrer Enttäuschung über den möglichen Verlust ihrer Bäckerei Luft gemacht. Um andere Bürger auf die Situation aufmerksam zu machen, hat die Gruppe eine Brötchenverkaufsaktion außerhalb der Bäckerei organisiert und Flyer verteilt.
Hinzu kommen Zweifel, dass der versprochene Supermarkt im Zuge der Erschließung des Neubaugebiets Wiesengraben kommt. Thomas Mathä bringt es auf den Punkt: "Wir als Nitteler Bürger wollen eine Einkaufsmöglichkeit haben." Elke Ries vom Weingut Sonntag betont zudem die gute Zusammenarbeit der Nitteler Gastbertriebe mit der Bäckerei Löwenbrück. Mieter Ralf Stöcker reagiere schnell auf spontane Wünsche. Sie bezweifele, dass ein anderer Bäcker das kompensieren könne.
Die Bürger hoffen weiterhin darauf, dass die Bäckerei irgendwie erhalten bleibt. Sie appellieren an Gemeinde und Verbandsgemeinde, dass sie in dem Mietstreit noch einmal vermitteln.

Was passiert jetzt?
"Das marode alte Bäckereigebäude in Nittel wird nach Ablauf des letzten Mietvertrages demnächst abgerissen und durch einen Neubau ersetzt", schreibt der Eigentümer des Gebäudes, Norbert Arnoldy, an den TV. Sein Bauantrag wurde laut TV-Informationen im nicht-öffentlichen Teil der jüngsten Gemeinderatssitzung genehmigt.
Arnoldy weist darauf hin, dass die Grundversorgung der Bürger mit Brot und Brötchen auch nach dem Abriss sichergestellt sei. "Obwohl wir uns nicht in der Verantwortung für die Grundversorgung des Dorfes sehen, haben wir uns der Sache angenommen und die Tawerner Dorfbäckerei dafür gewinnen können dies zu übernehmen", sagt er. Der Tawerner Betrieb werde täglich zu festen Stunden aus einem Verkaufswagen am gewohnten Ort Brötchen verkaufen. Die Details würden ausgehandelt. Der Tawerner Bäcker Eric Eppers bestätigt die Angaben auf TV-Anfrage.

Bekommt Nittel einen Supermarkt?
Nach Monaten der Unklarheit beantwortet Edeka Südwest eine TV-Anfrage folgendermaßen: Edeka Südwest habe Interesse, am Standort Nittel einen Frischemarkt zu realisieren - mit Obst- und Gemüsebereich, regionalen Produkte, Bedientheken und einem großen Sortiment. "Die Planung ist weitestgehend abgestimmt; Investor und Edeka Südwest sind sich einig", heißt es weiter. Investor ist die Firma Beda Regie Bau. Sie bestätigt die Angaben. Das Unternehmen will im Juni einen Bauantrag einreichen. Ob der Supermarkt - wie geplant - 2014 eröffnen kann, steht nicht fest. Die obere Landesplanungsbehörde in Mainz muss noch genehmigen, dass der Supermarkt 1200 statt 800 Quadratmeter groß wird. Wann die Genehmigung erfolgt, ist unklar.Meinung

Schade um den Dorfbäcker
Natürlich darf der Hausbesitzer mit seinem Eigentum machen, was er will. Trotzdem wäre es ein Verlust für den Ort, wenn die Nitteler Bäckerei schließen muss, weil auf dem Grundstück ein Wohnhaus entsteht. Die Resonanz auf die Aktionen zur Erhaltung des Geschäfts zeigt, dass viele Nitteler hinter ihrem Bäcker stehen und ihn behalten wollen. Die Nahversorgung scheint durch den Supermarkt, der sich voraussichtlich ansiedelt, langfristig gesichert zu sein. Aber den Bürgern geht es um mehr. Der Bäcker habe sich als Treffpunkt etabliert, sagen viele. Auch Menschen von außerhalb fühlen sich durch die urige Gemütlichkeit der umgestalteten Backstube angezogen. Der Mieter hat es geschafft, aus dem Laden etwas Besonderes zu machen. Deshalb wäre es schade, wenn er schließt. c.kremer@volksfreund.de

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