Denn alles findet bei Bach statt: Konzert mit Pierre-Laurent Aimard

Luxemburg · Mit formaler Strenge und zugleich schwebender Leichtigkeit hat der französische Pianist Pierre-Laurent Aimard am Donnerstag in der Luxemburger Philharmonie Johann Sebastian Bachs epochales Standardwerk "Das Wohltemperierte Klavier" interpretiert.

Luxemburg. Wie auf Samtpfoten kommt das Präludium in C-Dur daher und schafft gleich zu Beginn des Konzertabends eine fast meditative Wohlfühl-Atmosphäre im großen Haus der Luxemburger Philharmonie.
Der 57-jährige französische Star-Pianist Pierre-Laurent Aimard spielt das erste Buch von Johann Sebastian Bachs "Das Wohltemperierte Klavier" (1722), das vom ehemaligen Chefdirigenten der Berliner Philharmoniker, Hans von Bülow, schon Ende des 19. Jahrhunderts als "das alte Testament" der Musik bezeichnet wurde.
Es ist ein frühes Resümee des kompositorischen Könnens von Bach (1685-1750), "berühmt aber unbekannt", erklärt der Musikwissenschaftler Martin Möller in einer Werkeinführung. Mit 24 Präludien (freien Kompositionen) und Fugen (mit einer fixen Anzahl von Stimmen) bildet das Werk in knapp zwei Stunden nicht nur alle Tonarten, sondern die gesamte Bandbreite der Gefühle ab. "Alles findet bei Bach statt", rühmt Möller den Genius. Hochanspruchsvolle Kost für das überwiegend fachkundige Publikum, wie den Pausengesprächen zu entnehmen ist.
Pierre-Laurent Aimard setzt mit seiner Interpretation nicht weniger als einen neuen Maßstab, sein Gespür für Nuancen wird - sowohl emotional als auch rational - dem Inhalt der Musik gerecht. Sein Spiel ist genau, aber nicht akademisch, und hat Tiefe, ohne am Pathos zu kratzen. Die rund 850 Zuschauer können die musikalischen Stimmungen sehen, die sich im Gesicht von Aimard spiegeln. Mit seinen Bewegungen wird er ganz eins mit dem großen Steinway-Flügel. Mal tupft er einen zurückgenommenen Ton und imitiert ein Clavichord, mal zupft er, wie beim Cembalo.
Vor allem im ersten Teil nimmt er das Auditorium mit auf eine musikalische Berg- und Talfahrt zwischen Tanz (F-Dur) und Trauer (f-moll). Im zweiten Teil begibt sich Aimard dann auf eine meditative Reise, ganz versunken lauscht das Publikum. Zum Abschluss gibt es großen Applaus. DT

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