Die Schönheit der Melancholie

Saarbrücken · Wenn eine Band 25 Jahre alt ist, lebt sie meistens von der Nostalgie. Element of Crime hingegen war noch nie so erfolgreich wie gegen Ende ihres ersten Vierteljahrhunderts. Die neuen Alben verkaufen sich besser denn je, und die Hallen sind so prall gefüllt wie noch nie. Auch die Garage in Saarbrücken.

 Romantiker für Fortgeschrittene: Element-of-Crime-Sänger Sven Regener. Foto: Saarbrücker Zeitung

Romantiker für Fortgeschrittene: Element-of-Crime-Sänger Sven Regener. Foto: Saarbrücker Zeitung

Nein, Überraschungen sollte man von Element of Crime nicht erwarten. Es sei denn, man begreift es als Überraschung, dass es überhaupt eine deutsche Band gibt, die so ist und Erfolg hat. Die den Text konsequent in den Mittelpunkt stellt, ohne bei der Liedermacherei zu landen. Die nach jedem Rüberschrammeln auf das Terrain der Lockerheit postwendend zurückkehrt in die Schönheit der Melancholie. Der man es schon als Ausgelassenheit auslegt, wenn der Sänger zwei Mal am Abend die Arme in die Höhe wirft und "Romantik!" ruft.

Landschaftsgärtner für wuchernde Neurosen



Manchmal steht man einfach stumm im Saal und staunt über die Wort-Kunstwerke, mit denen Sänger Sven Regener Befindlichkeiten beschreibt. Die Sehnsucht nach der verlorenen Naivität beispielsweise, wohl wissend, dass man nie mehr "so rein und dumm sein wird wie weißes Papier". Oder den Alltagswahnsinn: "Wo die Neurosen wuchern, möchte ich Landschaftsgärtner sein". Oder der spröde Abgesang auf eine wieder mal verkorkste Beziehungskiste: "Immer da, wo du bist, bin ich nie".

Gelungene Liebesgeschichten gehören selten zum Repertoire. In Regeners Himmel ist kein Platz für zwei, und wenn, dann nicht für lange. Das Leben spielt sich zwischen dem Edeka des Grauens und der Straßenbahn des Todes ab. Aber die Bestandsaufnahme ist auf wunderbare Weise frei von jeder Weinerlichkeit, dafür gespickt mit bissiger (Selbst-)Ironie.

Das Repertoire des Abends zieht sich quer durch die 13 Alben der Band, inklusive der englischsprachigen Frühwerke. Aber es wäre kein Problem, 20 andere Stücke auszuwählen, ohne die minimalste Qualitätseinbuße. Musikalisch ist alles erlaubt außer Mainstream. Da trompetet Regener schon mal wie bei einer Folk-Kapelle, oder der hochmusikalische Jakob Ilja veredelt die Lyrik mit seinen ebenso finessenreichen wie unaufgeregten Gitarrenklängen.

Drei gut gelaunt servierte Zugabenblocks, und dann holen Regener und Co. zum Pet-Shop-Boys-Cover "You only tell me you love me” aus. Aber es gelingt nicht, das Publikum zu vergrämen: Selbst das klingt bei ihnen einfach zu gut.

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