Hier ist alles Gold, was glänzt

LUXEMBURG. Eine wahrhaft glanzvolle Ausstellung erhellt in Luxemburg Kunst und Kultur zur Zeit Sigismunds von Luxemburg. Das Nationalmuseum zeigt "Sigismund – König und Herrscher".

Prachtvoll - um es mit einem Wort zu sagen. Schon lange ließ sich hierzulande nicht mehr so in Schönheit schwelgen wie derzeit im Luxemburger Nationalmuseum für Kunst und Geschichte. Fast benommen wandert der an Sparzwang und Alltagsgrau gewöhnte Zeitgenosse durch den goldenen Glanz der aktuellen Sigismund-Ausstellung. Ein Haus im Haus haben die Ausstellungsmacher für die Schau geschaffen, die in Zusammenarbeit mit dem Budapester Museum der bildenden Künste und mit Unterstützung des Großherzogtums Luxemburg und des Landes Ungarn entstand. Wer den schwarzen Vorhang hinter der Schiebetür zurückschlägt, tritt in ein konservatorisches Nachtreich, in dem die Preziosen um die Wette funkeln und die Madonnen und Heiligen so sanft schimmern, dass es einem mild ums Herz wird. Dabei war die Zeit alles andere als sanft, um deren Kunst und Kultur es hier geht und deren Hauptdarsteller der Luxemburger auf dem Kaiserthron, Sigismund I. (1368-1437) ist. Sohn Karl IV. liebte die schönen Künste

Der Sohn Karl IV. war durch Heirat 1387 zum König von Ungarn geworden. 1411 wird er zum deutschen König gewählt, 1433 krönt ihn Papst Eugen IV. zum deutsch-römischen Kaiser. Zudem trug Sigismund die bosnische und die böhmische Königskrone sowie die Kronen der Lombardei und Kroatiens. Ein halbes Jahrhundert hat der Luxemburger Ungarn regiert. Wie Vater Karl liebte er die Schönen Künste, sein Hof in Buda war Treffpunkt von Künstlern und Gelehrten. "Open minded" (geistig unterwegs) war der mittelalterliche Herrscher wohl auch, wie die von ihm organisierten Konzile in Basel und Konstanz und seine Königstreffen vermuten lassen. Manch einer wird einwerfen, Sigismund sei ein Verschwender gewesen, immer in Geldnöten, ein rastloser Tyrann, ein glückloser Feldherr, der von einer Niederlage zu anderen reiste. Und ein unzuverlässiger Kantonist sei er zudem gewesen, der den Reformator Hus auf dem Scheiterhaufen geopfert habe, obwohl er ihm doch freies Geleit zugesagt hatte. Das freilich klingt wie eine alte Geschichte angesichts der künstlerischen und kulturellen Fülle, die sich im Haus am Fischmarkt auftut in vollendeten Goldschmiedearbeiten, eleganten Skulpturen, kunstvoller Buchmalerei und anderem feinsten Kunsthandwerk. Allein die einzigartigen "Beinsättel" (Sättel mit Elfenbeinschnitzereien) sind einen eigenen Besuch wert. Fast 400 Kunstwerke von zum Teil erstklassigen Leihgebern versetzen den Betrachter in die Zeit einer höfischen Hochkultur, die eine europäische war und die an Sigismunds spätgotischem Hof gepflegt wurde. Überdies illustriert die Schau wichtige Stationen im Leben des Kaisers. Eine Abteilung widmet sich zudem der Nachfolge. Gezeigt wird auch das einzige zu Lebzeiten gemalte Porträt des Herrschers. Höhepunkte sind neben den Sätteln die wunderbaren Skulpturen aus dem berühmten Buda-Fund, die kostbaren goldenen Reliquienbüsten und die sakralen Gefäße, die Kronen und die Prunkschwerter. Als Glanzlichter leuchten Sigismunds prachtvolles Trinkhorn und die außergewöhnliche Walrosszahnlampe seiner Schwägerin Sophie. Hinreißend: Pisanellos Zeichnung: "Drei stehende Männer in höfischer Tracht" aus der Graphiksammlung des Britischen Museums. Feinste Buchkunst vermittelt die Chronik des Konstanzer Konzils von 1465. Ein Augenschmaus: die "Encyclopaedia medica", eine Naturgeschichte, die für den Bruder des Königs in Italien verfasst und bebildert wurde. Man kann sich kaum satt sehen an all den Kleinodien. Und kaum hat sich die Tür zum hellen Tageslicht geöffnet, will man am liebsten wieder umkehren. Keine Frage: Man wird wiederkommen. Bis 15. Oktober, Di bis So, 10 bis 18 Uhr, Do bis 20 Uhr, Marché-aux-Poissons, Luxembourg, Tel.: 00352/4793

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